Alles beim Alten Hier ruht die Pkw-Maut

Kreuz am Straßenrand Foto: Thomas Kueppers

Nachdem die Pkw-Maut-Pläne krachend gescheitert sind, gibt es wenigstens einen Trost: Die Lkw-Maut boomt.

Wer fährt, zahlt – so die kurz gefasste Maut­philosophie des Bundesverkehrsministeriums. Doch daraus wurde nichts. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) setzte sich über den deutschen Gesetzgeber, die EU-Kommission und sogar über den EU-Generalanwalt hinweg und kippte das Mautkonzept der CSU. »Nicht vereinbar mit EU-Recht«, urteilten die Richter. Die Abgabe sei diskriminierend, weil deutsche Autofahrer vergleichbar entlastet würden, und verstoße gegen die Grundsätze des freien Warenverkehrs sowie des freien Dienstleistungsverkehrs im EU-Binnenmarkt.

Das ist mehr als eindeutig. Zurück bleiben Rat- und Sprachlosigkeit bei den CSU-Granden und ein verstörter CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer. Natürlich hat diese EuGH-Entscheidung Folgen. Die geringsten sind noch die jetzt ausbleibenden Synergieeffekte zwischen Lkw- und Pkw-Maut bei Toll Col­lect, denn eine Mitnutzung der Kontrollbrücken auf Autobahnen und der Mautterminals für die manuelle Einbuchung entfällt. Der nachhaltigste Schaden ist zweifellos für die deutsche Verkehrspolitik entstanden. Denn, so schrieb der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium (BMVI), Steffen Bilger, Anfang des Jahres den Mitgliedern des Verkehrsausschusses des Bundestags, "mit der Pkw-Maut stärkt Deutschland das Verursacherprinzip und vollzieht einen echten Systemwandel von der Steuer- zur Nutzerfinanzierung". Da dieser Teil nun wegfällt – nach Angaben des BMVI sind es jährlich etwa 400 bis 500 Millionen Euro, in der Mittelfristplanung mithin rund zwei Milliarden Euro –, entsteht da eine spürbare Lücke.

Das Geschäft mit der Lkw-Maut brummt

Glücklicherweise sieht es beim großen Bruder, der Lkw-Maut, inzwischen ganz anders aus. Sie leuchtet schon seit Jahren in hellen und hellsten Farben und erfreut ganz besonders die Herzen der Finanz­politiker.

Waren Ende des ersten Betriebsjahres 2005 lediglich 109.000 Nutzer und 736.000 Lkw registriert gewesen, schlugen im April dieses Jahres bereits 234.000 Nutzer sowie 1,46 Millionen Lkw zu Buche. Und 482.000 zu Beginn eingebauten On-Board-Units stehen inzwischen 1,2 Millionen gegenüber. Entsprechend hoch liegt mit 98 Prozent der Anteil des automatischen Mauteinnahmeverfahrens. Nur noch zwei Prozent werden manuell über Mautstellenterminals, das Internet beziehungsweise, seit Anfang 2018, über die Toll-Collect-App abgewickelt. Zum Mautstart betrug dieser Anteil noch 14 Prozent.

Weitere Meilensteine waren die diversen Erweiterungen des Systems. So wurde die Mautpflicht 2007 zunächst auf 100 Kilometer Bundesstraßen ausgedehnt, 2012 auf weitere 1.100 Kilometer, 2015 auf noch einmal 1.200 Kilometer, und seit dem vorigen Jahr unterliegen nun das gesamte Bundesstraßennetz und damit insgesamt über 52.000 Kilometer Fernstraßen der Mautpflicht.

2015 wurde die Maut auf 7,5-Tonner ausgedehnt, seit Anfang 2019 wird nach Gewichtsklassen differenziert.

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Kommt die Pkw-Maut doch noch?

Und was passiert nun mit der Pkw-Maut? Gestorben, beerdigt, vergessen? In bisheriger Form ganz sicher, das muss auch der gebeutelte Verkehrsminister Scheuer erkennen. Und doch wäre er ein schlechter Politiker, würde ihm nichts dazu einfallen – getreu dem Motto: "Wenn man nicht mehr weiterweiß, bildet man einen Arbeitskreis." Der heißt jetzt wieder Taskforce, wird von seinem Staatssekretär Michael Güntner geleitet und ist mit Spezialisten bestückt. Und die brauchen eigentlich nur abzuwarten wie diejenigen der Flughafen-BER-Taskforce, denn Lösungen sind andernorts schon in Arbeit. Dort heißen sie CO2-Bepreisung oder EU-Maut, die aber streckenabhängig erhoben werden soll und ab 2027 von den EU-Staaten eingeführt werden darf. Ganz unstrittig und offiziell