Stau, Termindruck, das Auto streikt – Stress ohne Ende. Welche gesetzlichen Vorschriften müssen Fahrer und Fuhrparkleiter eigentlich einhalten?
Wer als Arbeitnehmer häufig auf der Straße unterwegs ist, kennt das Dilemma zwischen Theorie und Praxis. Bei knapper Disposition und unvorhergesehenen Verzögerungen wieMega-Staus geraten nicht nur die geschäftlichen Termine ins Rutschen, es wird beispielsweise auch die erlaubte Arbeitszeit häufig überschritten. Soll ich jetzt ins Hotel, weil ich schon zehn Stunden unterwegs bin? Wer übernimmt die Kosten? Darf ich noch die 200 Kilometer zum Ziel fahren oder zahlt die Versicherung nicht, wenn ich jetzt einen Unfall baue und mir die Berufsgenossenschaft nachweist, dass ich übermüdet war?Fürsorgepflicht Fragen, die nicht nur die Autofahrer betreffen, sondern auch die Vorgesetzten. Schließlich bewilligen oder disponieren sie die Fahrten. Sie tragen auch im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht die Verantwortung dafür, dass die Touren im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen laufen. Die Rechtslage ist eindeutig. Die nationalen Vorschriften regeln die Arbeitszeit der Fahrer für Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 3,5 t weitgehend analog zu den Lenkzeiten für schwerere Fahrzeuge und Busse.Lenk- und Ruhezeiten Ein Auto unter 2,8 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht fällt demnach unter die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG), vorausgesetzt, es ergeben sich keine weiteren Bestimmungen und Ausnahmen, etwa aus Tarifverträgen: Ein Fahrer muss mindestens 18 Jahre alt sein. Er darf acht Stunden täglich ans Steuer oder auch mal zehn Stunden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stundenan Werktagen nicht überschritten werden (§ 3 ArbZG). Bei einer Arbeitszeit von sechsStunden am Steuer sind Pausen von mindestens 30 Minuten vorgeschrieben, nach neun Stunden sollten es 45 Minuten sein. Zwischen zwei Schichten ist eine Tagesruhezeit von elf Stunden Pflicht. Die Vorschriften der Fahrpersonalverordnung greifen bei Fahrzeugen miteinem zulässigen Gesamtgewicht zwischen 2,8 und 3,5 Tonnen, wobei die Obergrenze das Gesamt-Zuggewicht betrifft. Mit anderen Worten: Es sind auch Gespanne mit einem Pkw als Zugwagen betroffen. Demnach darf ein Fahrer neun Stunden täglich ans Steuer und zweimal die Woche zehn Stunden. Allerdings sind pro Woche höchstens sechs Lenkzeiten hintereinander zulässig und in der Doppelwoche maximal 90 Stunden am Volant.Nach einer Lenkzeit von 4,5 Stunden muss mindestens eine dreiviertel Stunde Pause gemacht werden. Zwischen zwei Schichten müssen die Mitarbeiter elf Stunden pausieren. Die wöchentliche Ruhezeit sollte sich auf 45 Stunden summieren. Ausnahmen sind unter bestimmten Bedingungen möglich.Theorie und Praxis So weit die Theorie. Und die Praxis? Alfons Diermeier von Alko in Kötz disponiert als Fuhrparkleiter seit 34 Jahren eine Flotte von 160 Pkw und leichten Lkw, angefangen von der Chef-Limousine bis zum Gespann für Außendienst-Mitarbeiter. Er relativiert das Problem: »Es hat in der ganzen Zeit noch nie Probleme mit den Arbeits- beziehungsweise Lenkzeiten gegeben.« Allerdings hat das Unternehmen im Lauf der Zeit einige strategische Entscheidungen getroffen. Als Erstes wurden die eigenen schweren Lkw über 3,5 Tonnen abgeschafft, weil die Disposition der Fahrzeuge immer komplizierter wurde, gerade im Hinblick auf die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten. Diese Transport-Jobs übernehmen jetzt Externe. Dann wählte Diermeier die Fahrzeuge so aus, dass sie auch mit Anhänger das zulässige Gesamtgewicht von 2,8 Tonnen nicht überschreiten. Die Folge: Es entfällt die Dokumentationspflicht des Fahrers, der bei schwereren Fahrzeugen bis 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht geeignete Aufzeichnungen über Lenk-, Arbeits- und Ruhezeiten sowie Lenkzeitunterbrechungen führen muss Somit bleibt die Verantwortung da, wo sie nach Ansicht von Diermeier hingehört, bei den Disponenten, den Vorgesetzten und den Fahrern, die im Interesse der Gesundheit des Personals die Verkehrsvorschriften beachten: »Ich sitze nicht im Fahr zeug und kann die Einhaltung der Vorschriften kontrollieren. Aber es wäre unverantwortlich vom Fahrer, wenn er etwa seine Müdigkeit ignoriert, ohne Pause weiterfährt – und das unabhängig von allen vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten.« Zusätzlich werden bei Alko Fahraufträge mindestens fünf Arbeitstage vor Antritt derReise eingereicht und die Mitarbeiter unterschreiben auch den Hinweis, dass sie verpflichtet sind, sämtliche Regeln des Straßenverkehrsrechts strikt einzuhalten.Übrigens, die Lenk- und Ruhezeiten sowie das Arbeitszeitgesetz und die Fahrpersonalverordnung gelten nicht für den privaten Güterverkehr mit Fahrzeugen unter 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht – dies gilt als rechtsfreier Raum. Arbeitszeitgesetz Definition: Arbeitszeit ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit des Arbeitnehmers. Hierzu zählt neben dem reinen Fahren auch:
- Wartezeiten beim Be- und Entladen
- Pflege und Wartung des Fahrzeugs
- Erledigung von Zollformalitäten
Nicht als Arbeitszeit gilt:
- Bereitschaftszeiten des Arbeitnehmers, um seine Tätigkeit aufnehmen zu können
- Zeit auf dem Beifahrersitz (bei zwei Fahrern)
FahrpersonalverordnungLenkzeitunterbrechung: jeder Zeitraum, in dem der Fahrer nicht fährt und keine anderenArbeiten ausführt. Die Lenkzeitunterbrechung wird nur zur Erholung genutzt. Dazu zählenunter Umständen Wartezeiten an der Grenze oder Zeiten auf Fähr- und Eisenbahnfahrten.Ruhezeit: Ruhezeit ist jeder ununterbrochene Zeitraum von mindestens einer Stunde, in derder Fahrer frei über seine Zeit verfügen kann. Nicht als Ruhezeiten gelten Arbeit, Arbeitsbereitschaft und die im fahrenden Fahrzeug verbrachten Kabinenzeiten (als Beifahrer). Das wird teuer 1. Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz (§ 22)
- Ordnungswidrigkeiten können mit einer Geldbuße von 2.500 bis zu 15.000 Euro geahndet werden
- Wer Verstöße vorsätzlich begeht und dadurch die Gesundheit eines Arbeitnehmers gefährdet, wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bestraft
2. Verstöße gegen die FahrpersonalverordnungDie Strafen für Fahrer:
- Nichteinhaltung der zulässigen Tageslenkzeit: ab 30 Euro
- Nichteinhaltung der Lenkzeitunterbrechungen: ab 15 Euro
Die Strafen für den Unternehmer:
- Nichteinhaltung der zulässigen Tageslenkzeit: ab 60 Euro
- Nichteinhaltung der Lenkzeitunterbrechungen: ab 60 Euro
3. VersicherungsschutzDie Berufsgenossenschaft überwacht nicht die Einhaltung des Arbeitsschutzgesetzes. Dasheißt, Arbeitnehmer sind auch bei langer Arbeitszeit grundsätzlich in der gesetzlichenUnfallversicherung versichert. Ausnahme: Der Arbeitnehmer handelt eigenwirtschaftlich und verursacht die Gefahr, indem er etwa aus privaten Gründen die eindeutige Anweisung des Vorgesetzten zu übernachten ignoriert. Verstoßen allerdings Arbeitgeber gegen dasArbeitszeitgesetz, wird dies geahndet. Handeln sie sogar grob fahrlässig, ist Regress denkbar, etwa von Seiten der Unfallgegner oder auch von Seiten der Berufsgenossenschaft.