Crashtests Wie sicher sind E-Autos

Mercedes Crashtest 2023 Foto: Mercedes 6 Bilder

Der Mythos hält sich: Elektroautos seien bei einem Unfall weniger sicher und gingen gerne in Flammen auf. Doch zahlreiche Crashtests beweisen das Gegenteil. Die wichtigsten Argumente.

"Für uns ist der Schutz keine Frage des Antriebssystems", sagt Markus Schäfer, Entwicklungsvorstand von Mercedes-Benz und Chef des Crashzentrums in Sindelfingen. Jedes Jahr "opfert" der Hersteller über 900 Neuwagen der Sicherheit und lässt sie gegen die Wand, einen Pfahl, eine Barriere oder eben gegen ein anderes Auto fahren – egal ob mit E-Antrieb oder Verbrenner. "Diese Crashtests beweisen, dass alle unsere Fahrzeuge ein vergleichbar hohes Sicherheitsniveau haben – egal mit welcher Technologie sie angetrieben werden." Mehr noch: So könnten E-Autos bei einem Frontalcrash sogar im Vorteil sein. Zwar schrumpfe mit dem extrem steifen Akku die Knautschzone, doch dafür haben E-Autos aufgrund des nicht vorhandenen Verbrennermotors mehr Platz, um die Crashenergie abzubauen.

Mythos, der Crashtests nicht standhält

Auch die Experten des Automobilclubs konnten bislang keine Unterschiede bei der Sicherheit von Verbrennern oder Elektroautos feststellen. "Das ist ein Mythos, der bei nahezu jedem Crashtest weiter zerbröselt", sagt Volker Sandner, der Leiter Fahrsicherheit im ADAC-Technikzentrum Landsberg am Lech und verweist auf eine lange Liste positiver Ergebnisse: "Der VW ID.3 erzielte 2020 als eines der ersten E-Autos, das nach verschärften Euro-NCAP-Richtlinien getestet wurde, direkt 5 Sterne. Bis auf wenige Ausnahmen erreichten auch alle weiteren seither getesteten Elektrofahrzeuge die volle Sternezahl."

Keine Schwächen beim Seitenaufprall

Keines der aktuellen Elektroautos sei bislang bei einem Crashtest negativ aufgefallen, so Sandner weiter. Selbst beim Seitenaufprall mit bis zu 60 km/h zeigten sie keine Schwächen. Dabei sei die Flanke unabhängig vom Antriebskonzept die empfindlichste Stelle eines Autos. "Der geringere Deformationsraum gegenüber Front oder Heck stellt für die Batterie eine erhebliche Gefahr da. Es darf hier auf keinen Fall zu einem Kurzschluss kommen", mahnen die Experten in München.

Mercedes Crashtest 2023 Foto: Mercedes
Dass EQA und EQS fast bis zur Frontscheibe eingedrückt sind, irritiert die Mercedes-Techniker nicht im Geringsten: Was dort an Kraft vernichtet wurde, wirkt schon nicht mehr auf die Knochen der Insassen.

Viel Aufwand um Batterien zu schützen

Neben den unterschiedlichen Crashstrukturen und Knautschzonen sowie der oft größeren Steifigkeit ist die Batterie in Sachen Sicherheit der größte Unterschied zwischen Verbrennern und E-Autos, sagt ADAC-Mann Sandner. Wenn sie beschädigt wird, drohen Brände, die schwer zu kontrollieren oder gar zu löschen sind "Die Hersteller betreiben deshalb einen immer größeren Aufwand, um die in der Regel im Unterboden verbauten Batterien bei einem Crash vor Deformation zu schützen", attestiert der Autoclub – davon profitieren dann nicht zuletzt auch die Insassen, denen so bisweilen mehr Überlebensraum bleibt als in einem Verbrenner.

Versorgung im Hochvoltsystem sofort unterbrochen

Zudem verweist er auf gesetzliche Anforderungen an die Akkus, zum Beispiel, dass bei Erschütterung kein Kurzschluss entsteht. Außerdem muss bei einer Karambolage unmittelbar die Stromversorgung im Hochvoltsystem unterbrochen werden. All das wird bei den Crashtests genauso untersucht wie die Funktion der Airbags oder die automatische Aktivierung des Warnblinkers. Auch das ist ein Grund, weshalb Verbrenner zwar mit leerem Tank gegen die Wand oder eine Barriere fahren, Elektroautos dagegen aber mit voller Batterie. "Und passiert ist dabei trotzdem nichts", meldet Sandner: "Das Risiko eines Fahrzeugbrands bei E-Autos ist nach unseren Tests nicht höher als bei herkömmlichen Fahrzeugen."

Mercedes Crashtest 2023 Foto: Mercedes
Als vor ein paar Wochen BYD Dolphin und Seal, Nio EL7 und ET7 oder der erste XiPeng bei EuroNCAP getestet wurden, gab’s für alle fünf Sterne.

Dafür reklamiert Sander für Elektroautos noch einen weiteren Vorteil: "Weil der Elektroantrieb weniger Platz und keinen klassischen Kühler braucht, können die Hersteller andere Frontstrukturen verbauen, die eine bessere Interaktion mit dem Unfallgegner erlauben", sagt Sander und spricht von Partnerschutz oder Kompatibilität. "Davon profitieren dann nicht nur andere Pkw, sondern auch Fußgängern oder Radfahrer."

Bei der Frage nach der Sicherheit macht es offenbar auch keinen Unterschied mehr, aus welchem Land die Kandidaten kommen und die Mär von den klapprigen China-Importen zerbröselt gleich mit. Denn ganz augenscheinlich haben die Asiaten aus den frühen Debakeln von Landwind, Brilliance & Co. gelernt und geben sich in der Ära der Akku-Autos keine Blöße mehr: Als vor ein paar Wochen BYD Dolphin und Seal, Nio EL7 und ET7 oder der erste XiPeng getestet wurden, gab’s für alle deshalb fünf Sterne.

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