Firmenauto Europas Autobauer fürchten Job-Verluste

Brüssel/Frankfurt (dpa) - Die europäische Autoindustrie rechnet als Folge der Finanzmarktkrise mit der Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Russland oder Asien. Experten erwarten zudem weitere Absatzrückgänge und Produktionsstopps in den europäischen Werken.

Die Finanzkrise verschärft nach Ansicht von Branchenkennern die hausgemachten Probleme der Autoindustrie, die die Klimadebatte zunächst verschlafen habe und unter Überkapazitäten leidet.

«Die Finanzkrise hat zum einen Auswirkungen auf die Autoindustrie, weil es generell schwieriger wird, die laufenden Geschäfte, also Produktion und Innovationen, zu finanzieren», sagte die Sprecherin des Dachverbands ACEA, Sigrid de Vries, in Brüssel. «Zum zweiten wird es für die Kunden schwieriger, den Autokauf zu finanzieren.» In den vergangenen Tagen haben bereits mehrere Hersteller eine Drosselung ihrer Produktion beschlossen, darunter BMW, Daimler und Opel.

Der Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft Geislingen, Willi Diez, hält es für möglich, dass 2009 einzelne Werke geschlossen werden müssen. «Es ist auch nicht auszuschließen, dass der ein oder andere schwächere Hersteller in der Kette in Existenznot gerät», sagte der Experte in einem dpa-Gespräch. Der Experte rechnet damit, dass 2009 in Westeuropa rund 12,9 Millionen Autos verkauft werden - 1,4 Millionen weniger als voraussichtlich 2008.

«Ursache für die Probleme der Automobilindustrie ist nicht die Finanzkrise, sie verschärft sie aber», sagte Diez. Experte Christoph Stürmer vom Prognoseinstitut Global Insight spricht von «Alarmismus» in der Autoindustrie: «Jetzt hat man einen Schuldigen gefunden, mit dem man die Misere erklären kann, nämlich den weltweiten Absatzrückgang.» Allerdings hätten die Hersteller jahrelang verschlafen, verbrauchsarme Technologien wie Hybrid- oder Elektroantrieb in Serienfahrzeugen anzubieten.

Der Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) hat in den ersten neun Monaten 2008 in Europa weniger Autos als im Vorjahr verkauft. Vor allem die Hauptmarke Opel und die schwedische Schwestermarke Saab schwächelten. Der GM-Absatz sank zwischen Januar und September gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 1,9 Prozent auf 1,62 Millionen Fahrzeuge, teilte der Autobauer mit. Das Wachstum in Osteuropa habe die Einbrüche auf den westeuropäischen Märkten nicht ausgleichen können. Der Marktanteil sank von 9,5 auf 9,3 Prozent.

Grund für den Verkaufsrückgang bei GM seien die weltweite Finanzkrise, die Kreditklemme und die hohe Inflation, sagte GM- Europa-Chef Carl-Peter Forster. Der Konzern werde seine Produktion und Kosten anpassen. Der ungarische Zulieferer von Opel-Motoren, die General Motors Powertrain-Magyarország Kft., stoppte am Donnerstag die Produktion von Motoren vorübergehend. 150 Mitarbeiter von insgesamt 700 Mitarbeitern wurden beurlaubt.

Die Autoindustrie kann nach Angaben des europäischen Autoverbandes ACEA ihren Kostendruck nicht an die Kunden weitergeben. Seit Monaten sei der Absatz wegen hoher Spritpreise und des geringen Verbrauchervertrauens zurückgegangen. «Jetzt haben sich die Aussichten weiter verdüstert», sagte de Vries. Der ACEA fordert ein Hilfspaket der EU in Form eines niedrig verzinsten Kreditpakets über 40 Milliarden Euro, um die Entwicklung sparsamerer Fahrzeuge und auf Kundenseite den Austausch älterer Autos zu fördern. Europas Autobranche sieht sich durch ein gut 18,4 Milliarden Euro schweres US-Kreditprogramm zur Unterstützung amerikanischer Hersteller benachteiligt. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy habe bereits Unterstützung signalisiert.