Interview Mercedes-Benz Mobility Offen für alle Kunden

Mercedes Benz Eva Greiner 2023 Foto: Mercedes

Trotz Deutschlandnetz und Ionity-Engagement: Mercedes hat mit dem Bau eines eigenen Schnellladenetzes begonnen. Warum, erläutert Eva Greiner, Chief Technology Officer der Charging Unit Mercedes-Benz Mobility.

Sie bauen ein eigenes Schnellladenetz, wollen es aber auch für Fahrer von Fremdfabrikaten öffnen. Was hat Sie zu diesem inklusiven Ansatz bewogen?

Auf der einen Seite die Überzeugung, dass wir den weltweiten Aufbau einer Infrastruktur nur gemeinsam schaffen können. Die Herausforderung ist groß – und wir leisten einen Beitrag. Gleichzeitig wollen wir mit dem Verkauf von Strom auch Geld verdienen. Und unsere Kunden überzeugen, etwa indem wir ihnen ein paar Funktionen exklusiv anbieten, die Fahrern anderer Marken nicht zur Verfügung stehen. Natürlich möchten wir aber auch, dass diese Fahrer mit der Marke Mercedes-Benz in Kontakt kommen und erleben, dass wir auch auf Seiten Infrastruktur etwas zu bieten haben und in Sachen Elektromobilität ein verlässlicher Partner sind.

In den USA schließen Sie für Ihre Kunden die Lücken im Schnellladeangebot über die Übernahme des NACS-Ladesteckers von Tesla. Gehen Sie damit nicht das Risiko ein, dass der kalifornische Konkurrent Ihnen Kunden abjagt?

Nein. In den USA ist nicht funktionierende oder nicht ausreichende Infrastruktur für E-Autofahrer ein großes Thema. Wir engagieren uns für einen schnellen Ausbau der weltweiten Schnellladeinfrastruktur. Deshalb wollen wir unseren Kunden Zugang zum Tesla-Netzwerk geben. Die Infrastruktur in den USA muss sich Studien zu Folge bis zum Ende des Jahrzehnts verzehnfachen. Das heißt: der Markt ist groß und es braucht vereinte Kräfte. Und neben NACS werden wir weiterhin den CCS-Stecker anbieten.

Zurück nach Deutschland: Über Ionity sind Sie bereits an einem Schnellladenetz beteiligt. Und dann kommen ja noch die anderen Ladesäulenbetreiber und das geplante Deutschlandnetz. Braucht es da wirklich noch ein Mercedes-Netz?

Deutschland ist ein spezieller Markt. Wenn man sich die Zahl der Fahrzeuge im Verhältnis zur Infrastruktur anschaut, sind wir hier schon relativ gut entwickelt. In anderen Ländern Europas ist das anders. Und wir wollen ja mit unserem Netzwerk auch für Europa eine Lösung bieten, nicht nur für Deutschland. Wir werden uns genau anschauen, wo es Bedarfe gibt und dann dort unsere Stationen aufbauen.

Wie sollen die Stationen technisch ausgestattet sein. Und mit welchen Standorten planen Sie?

Wir werden die Stationen mit 400 kW-Ladern ausstatten – die schnellsten, die aktuell zu haben sind. Damit sind wir auch fit für technische Entwicklungen in den nächsten Jahren. Bei der Standortwahl streben wir eine Mischung an: Wir reden zum einem über Verkehrsknotenpunkte, um den Bedarf von Schnellademöglichkeiten bei Langstreckenfahrten zu erfüllen. Wir arbeiten aber auch am Schnellladen in städtischen Zentren - gerade für Nutzer, die zuhause keine Möglichkeit zum Laden haben.