In Deutschland tun sich Importeure in der oberen Mittelklasse schwer. Jetzt probiert der Lexus ES 300h einen neuen Anlauf mit sparsamem Hybridantrieb und viel Platz im firmenauto-Alltagstest.
Sämtliche Versuche von japanischen Firmen, sich bei den großen Limousinen in Deutschland zu etablieren, schlugen bisher fehl. Nissan Maxima, Mitsubishi Galant und Konsorten gibt es daher schon lange nicht mehr zu kaufen. Nur Lexus ist seit Jahren zuverlässig in der Klasse unterwegs, die im mittleren Management so beliebt ist. Bisher bot der GS den Audi A6, BMW 5ern und Mercedes E-Klassen dieser Welt die Stirn, allerdings mit hierzulande sehr überschaubarem Erfolg. Jetzt ersetzt der ES den GS, und damit ändert sich die Ausrichtung des Modells. Bisher bemühte sich die japanische Nobelmarke mit Hinterradantrieb und V8-Sportmodellen um ein dynamisches Image, jetzt kommt der ES nur mit Vorderradantrieb, sparsamem Hybrid-Vierzylinder und auf 180 km/h begrenzter Höchstgeschwindigkeit zu uns.
Beim Testwagen kommt dann doch etwas Nostalgie auf: Als F-Sport ist nämlich zumindest die Optik schärfer. Den großen Kühlergrill ergänzen die Modellplaner um 19-Zoll-Räder, schwarze Akzente und eine knallige blaue Außenlackierung. Innen kommt dann zum Glück doch das Streben nach Komfort zum Zuge: Die Sitze sind mit weichem Leder bezogen und entlasten den Rücken auch auf langen Strecken hervorragend. Alles, was man anfasst, ist entweder mit Leder bezogen oder aus weichem Kunststoff, in jedem Fall aber akkurat eingebaut. Ein gestochen scharfes Display zeigt die Instrumente an, ein Metallring um den Tacho bringt etwas analoges Flair mit. Wählt man eine andere Anzeige, verschiebt er sich lautlos wie von Geisterhand.
Auch sonst durften die Ingenieure ihrem Spieltrieb freien Lauf lassen. Das geht manchmal schon einen Schritt zu weit. So ist die große Infotainmentanzeige in der Mitte zwar scharf und groß, die Bedienung per Mauszeiger über ein Touchpad aber ablenkungsintensiv. Schade, dass auch die Sprachbedienung noch verbesserungswürdig ist. Immerhin bindet der ES Smartphones schnell und umfassend ein, lädt sie auch induktiv und spielt die darauf gespeicherten Musikstücke in einer Klangqualität ab, dass es eine Freude ist. Dabei helfen ihm die 17 Lautsprecher des Mark Levinson-Soundsystems, die eine außergewöhnlich feine Auflösung bieten.
Freilich kommt das während der Fahrt nur deshalb so gut zur Geltung, weil der ES ein sehr gut gedämmtes Auto ist. Windgeräusche gibt es kaum, der Antrieb ist nur bei Vollgas leise zu hören. Sonst merkt man kaum, wenn der Benziner anspringt, um dem Elektromotor zur Hilfe zu eilen. Das tut er spontan und pflichtbewusst. Die 218 PS Systemleistung bringen die große Limousine souverän voran, an das freiwillige Tempolimit von 180 km/h hat man sich schnell gewöhnt. Das stufenlose Getriebe erlaubt völlig ruckfreies Fahren. Dabei hilft die direkte und gut abgestimmte Lenkung, die Korrekturen im Kurvenverlauf weitgehend überflüssig macht.
Das gilt zumindest bei normalem Reisetempo. Wer an dem exponiert vor dem Lenkrad positionierten Horn zieht, schaltet den Sport-Modus an. Die Dämpfer sprechen härter an, ein roter Drehzahlmesser flammt auf, und der Lexus wirft sich ambitioniert in die Kurven. An der ersten engen Kehre fordern dann 1,8 Tonnen ihren Tribut, der ES schiebt über die Vorderräder. Nicht weiter schlimm, die F-Sport-Ausstattung hätte nicht Not getan für diese Limousine.
Sie sorgt mit ihren großen Rädern eher für unnötige Unruhe, besonders auf kurzen Unebenheiten. Bei Schachtdeckeln oder schlecht geflickten Schlaglöchern rumpeln die Räder in das Hindernis, die Vorderachse kommt in‘s Stuckern. Das geht so weit, dass bergab in solchen Situationen schon bei leichtester Verzögerung das ABS losrattert und das Auto dadurch kurzzeitig weniger bremst.
Auf den Rücksitzen ist von all dem recht wenig zu spüren. Sie laden mit bequemer Bank und generöser Beinfreiheit dazu ein, sich chauffieren zu lassen. Von Motor, Wind und Fahrbahn bekommt man hier reichlich wenig mit. Wäre jetzt noch der Gepäckraum etwas größer als die gut 450 Liter, wäre der ES eine echte Empfehlung für die weite Reise. Spätestens in der Freizeit vermissen Dienstwagennutzer aber eine umklappbare Rücksitzbank – die verhindert der Akku des Hybridsystems. Dafür sorgt er für einen sensationell niedrigen Verbrauch: Über sieben Litern lagen wir nie, und wer sich bemüht, schafft es auch auf unter fünf. Speziell im Stadtverkehr und auf Landstraßen überzeugt der ES durch Sparsamkeit. Damit und mit seinem fairen Preis empfiehlt sich der Lexus für all jene, die entweder ein besonderes Auto suchen oder im gehobenen Personentransport tätig sind.