Lieferzeiten Warten auf den Firmenwagen

Bis zu zehn Monate auf den Firmenwagen warten Foto: Götz Mannchen

Fuhrparkleiter warten bis zu zehn Monate auf den Firmenwagen – wegen der hohen Nachfrage im Ausland steigen hierzulande die Lieferzeiten.

Rudolf  Eder von Knorr-Bremse hat vor knapp zehn Monaten einen Golf Variant bestellt. Wann er das Auto seinem Fahrer übergeben kann, steht in den Sternen – der Wagen ist immer noch nicht da. »Die deutschen Hersteller haben ohnehin schon enorme Lieferzeiten,aber bei Volkswagen sind sie exorbitant gestiegen«, sagt Eder.

Das Problem beschränkt sich dabei nicht nur auf die lange Wartezeit. Schließlich läuft der Leasingvertrag der Autos, die ausgewechselt werden sollen, irgendwann aus. »Normalerweise dauert bei uns der Workflow, Fahrzeuge auszutauschen, zwei Monate. Bei solchen Lieferzeiten muss ich aber schon ein Jahr im Voraus bestellen«, gibt der Fuhrparkleiter zu bedenken. Auch beim Lebensmittelhersteller Seeberger aus Ulm gab es Ende des vergangenen Jahres unvorhergesehene Verzögerungen bei der Auslieferung einiger Modelle. Mercedes hatte Probleme mit einem Zulieferer.

Der angepeilte Wechsel der Fahrzeuge fiel ausgerechnet auf den Winter, weswegen der Flottenchef Karl Scheck gezwungen war, auf die alten Autos neue Winterreifen aufzuziehen. »Das war aber eine absolute Ausnahme, ansonsten hatten wir noch keine Schwierigkeiten, was die Lieferzeiten angeht. «, sagt Scheck. 

Lange Lieferzeiten an der Tagesordnung

Doch wie es scheint, droht die Ausnahme zur Regel zu werden. Die Autoindustrie brummt. Aber was auf den ersten Blick als gute Nachricht erscheint, kann sich nicht zuletzt für Flottenkunden als Pferdefuß erweisen. Denn seitdem die Hersteller mit demProduzieren von neuen Autos nicht mehr nachkommen, verzögern sich die Lieferzeitenunter Umständen erheblich. In Deutschland fehlten im Februar nach Berechnungen des Automotive Institute der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PWC) rund 265.000 Autos. »Der Engpass zwingt die Hersteller dazu, ihre Produktionskapazitäten auf bestimmte Märkte und Kundengruppen zu fokussieren.Da ein ausreichendes Angebot auf den weltweit größten Märkten China und USA unabdingbar ist, um hier langfristig Marktanteile zu gewinnen, ist eine gewisse Bevorzugung dieser Länder nachvollziehbar «, erklärt Felix Kuhnert, Leiter des Automobilbereichs bei PWC. Die Folge: Kunden müssen hierzulande deutlich länger auf die Auslieferung ihrer Autos warten.  

Extras dauern länger

Zudem wirken sich nach Angaben von PWC bestimmte Motorvarianten oderExtras wie beispielsweise Navigationssysteme oder Automatikgetriebe zusätzlich negativ auf die Lieferzeiten aus. Wer sein Fahrzeug individuell konfiguriere, also nicht auf Lagerbestände zurückgreife, müsse sich zurzeit durchschnittlich 13 Wochen gedulden.  Bislang seien acht Wochen im Schnitt üblich gewesen. Es gibt aber einzelne Ausreißer, die den Rahmen völlig sprengen. So beträgt etwa die Lieferzeit für den Golf Variant mindestens sieben Monate, wie eine Recherche von FIRMENAUTO bei Markenhändlern ergeben hat.

Rechtlich nicht zu beanstanden

Stellt sich die Frage, ob es für Kunden eine rechtliche Handhabe gibt, auf zügige Auslieferungen zu bestehen. Doch da sieht es leider schlecht aus. »Kein Hersteller macht verbindliche Aussagen. In den allgemeinen Geschäftsbedingungen wird immer darauf hingewiesen, dass es sich bei den Lieferzeiten um unverbindliche Angaben handelt«, erklärtRechtsanwalt Christian Krumrey von Fleet Advokat. So gebe es auch keine zeitlichen Höchstgrenzen, an die sich Händler halten müssten.

Privatkunden haben in dieser Hinsicht gegenüber Flottenkunden einen entscheidenden Vorteil: Während Fuhrparks sich in der Regel per Rahmenvertrag an einen Händler ihres Vertrauens binden, können private Käufer einfach beim nächsten Autohaus anklopfen. Denn die Händler arbeiten nach individuellen Verkaufsplänen, welche die Plätze in der Produktion bestimmen. Wer sein Kontingent noch nicht ausgeschöpft hat, wird in der Regel relativ zeitnah beliefert. Ist der Plan allerdings erfüllt, wandern weitere Bestellungen ans Ende der Warteschlange. 

Preiserhöhungen kommen obendrauf

Und es kommt noch dicker. Hebt der Autobauer während der verlängerten Lieferzeit die Preise an, muss man die nachträglichen Mehrkosten obendrein auch noch hinnehmen.»Der Preis resultiert grundsätzlich aus der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers. Ändert sich diese nach Vertragsabschluss während der Wartezeit aufgrund generellvorgenommener Preiserhöhungen, muss der Kunde den höheren Preis akzeptieren«, sagt Krumrey.

Um längeren Lieferzeiten nicht völlig unvorbereitet gegenüberzustehen,bleibt Fuhrparkleitern nur eines übrig: sich in Sachen Auslieferungstermine ständig auf dem Laufenden zu halten. Viele Händler oder Leasinggesellschaften informieren ihre Großkunden von vornherein regelmäßig über die entsprechenden Termine. Angelika Schramm-Bauer zum Beispiel, Flottenchefin beim Softwarehersteller Mensch und Maschine, hat überhaupt keinen Grund zur Klage. »Unsere Partner Mahag beziehungsweise Alphabet informieren uns immer rechtzeitig, sodass es bei der Bestellung von neuen Fahrzeugen bislang zu keinen Schwierigkeiten kam.« 

Es geht auch kürzer

Apropos, es gibt auch erfreuliche Ausreißer nach unten. Wer Anfang März einen Renault Grand Scénic bestellt hat, muss sich nach Auskunft des Markenhändlers lediglich vier bisfünf Wochen gedulden. Und was den VW Golf Variant angeht: In Sachen Lieferzeit lässt ihn sein direkter Konkurrent Opel Astra Sports Tourer glatt im Regen stehen– der Kombi aus Rüsselsheim lässt nur acht bis zehn Wochen auf sich warten.Nach Meinung der Händler spielt es für die Auslieferung in den meisten Fällen keine Rolle, ob sich der Kunde für einen Diesel oder einen Benziner entscheidet. Spezielle Ausstattungswünsche hingegen könnten die Lieferzeit tatsächlich beeinflussen. Wer zum Beispiel den 5er BMW gern mit Allrad hätte, muss gleich mal mit acht Wochen mehr rechnen als bei den Modellvarianten mit Heckantrieb.  

Hersteller haben zu vorsichtig geplant

Die Ursachen für die Verzögerungen liegen laut PWC nicht allein in der unerwartet schnell gestiegenen Nachfrage. »Die vorsichtigen Produktionsplanungen lassen vermuten, dass die Hersteller noch immer an der Nachhaltigkeitdes aktuellen Nachfrageaufschwungs zweifeln«, meint Kuhnert. Man nehme lieber längere Wartezeiten in Kauf, als übereilt in die Produktion zu investieren und damit Überkapazitätenaufzubauen. Zudem seien nicht nur die Hersteller, sondern auch die Zulieferer im Verzug. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen hingegen sieht den skizzierten Fahrzeugmangel gelassen. Das Ganze sei eine Überbrückungsphase von zwei bis drei Monaten, nach der sich die Situation wieder normalisiere. Warten wir’s mal ab.