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Shell Eco-Marathon Öko auf Kurs

Schell Eco-Marathon Foto: Schell 7 Bilder

Beim Shell Eco-Marathon geht es nicht darum, so schnell, sondern so weit wie möglich zu
fahren. An den Start gehen Hochschulteams mit selbst gebauten Autos. Wir haben das Spektakel in Rotterdam besucht.

Ein Rennen, bei dem nicht der Schnellste, sondern der Effizienteste gewinnt, muss keinem erhobenen Zeigefinger gleichen. Spaß und wissenschaftliches Know-how, gepaart mit Rennsport-Feeling: Das ist seit 30 Jahren das ­Erfolgsrezept des Shell Eco-Marathon. Im südfranzösischen Le Castellet starteten 1985 noch 20 Fahrzeuge mit der Anmut von Seifenkisten, angetrieben von Rasenmähermotoren. Kein Vergleich zu 2015, als Ende Mai in Rotterdam 230 Teams aus 30 Ländern auf die Piste gingen.

Die Autos sind mittlerweile Hightech-Mobile, manche Karosserieteile stammen aus 3-D-Druckern und Tests im Windkanal zählen zur Standardvorbereitung. Gefahren wird in zwei Kategorien. In der Klasse der Urban Concept Cars treten Autos an, die prinzipiell für den Straßen­verkehr geeignet sind – und auch so aussehen. In der Klasse der Prototypen dagegen sind den Studenten kaum Grenzen gesetzt. Hier treten futuristisch anmutende, stromlinienförmige Fahrzeuge mit ­extrem niedrigen Luftwiderständen an.

Die Fahrzeuge müssen im Schnitt mindestens 25 km/h fahren

Als Antriebe dienen in beiden Klassen entweder Elektro- oder Verbrennungsmotoren, Letztere befeuert mit Benzin, Diesel, Ethanol, synthetischem Diesel aus Erdgas (GTL) sowie komprimiertem Erdgas (CNG). Die Stromer fahren batterieelektrisch oder mit Brennstoffzelle. Das Regelwerk ist hart, aber fair. Zehn Runden muss jedes Auto zurücklegen. Maximal 39 Minuten haben die Fahrer (und erstaunlich viele Fahrerinnen) dafür Zeit, das Durchschnittstempo muss mindestens 25 km/h erreichen. Danach wird der Verbrauch gemessen und vergleichs­weise hochgerechnet, wie weit das Auto gekommen wäre, wenn es einen Liter Kraftstoff oder eine Kilowattstunde Strom verbraucht hätte. Gewonnen hat das Team mit der größten Reichweite.

50.000 Besucher wollten dieses Jahr das Spektakel sehen. Unzählige Schulklassen fluteten die begleitende Ausstellung zum Thema Energie. Die Boxen und Paddocks am Rande der gut 1,6 Kilometer langen Strecke mitten im Stadtgebiet erwiesen sich als Bastelbuden in bestem Wortsinn. Die Teams arbeiteten vier Tage lang fieberhaft an Problemlösungen, schraubten, feilten und hämmerten. Peter Blauwhoff, Chef von Shell Deutschland, zeigte sich begeistert: "Das Engagement der Studenten und die große Leidenschaft, die von den Teams an den Tag gelegt wird, ist ­außergewöhnlich."

Das beste Auto kam mit einem Liter Sprit 2.308 km weit

So außergewöhnlich wie die Tatsache, dass ein Mineralölkonzern einen Spritsparwett-bewerb veranstaltet? Nur auf den ersten Blick. Unterm Strich finden Shell und die anderen Sponsoren hier hochmotivierte Nachwuchskräfte und ­exzellente Forschungsergebnisse vor. Der wissenschaftliche Austausch steht im Vordergrund, Geheimniskrämerei scheint eher verpönt. Eine klassische Win-Win-Situation also.

Apropos gewinnen: Den ersten Platz bei den Prototypen mit Elektroantrieb erreichte das Fast Eco Team der TU München mit einer hochgerechneten Reichweite von 938 Kilometern je kWh Strom. Nicht minder beeindruckend der Gesamtsieg bei den Prototypen mit Benzin­antrieb. Das französische Airbus Helicopters Team aus Mirabeau fuhr eine Reichweite von 2.308 Kilometern je Liter Sprit ein. Chapeau!

Team Protron aus Trier - Forschung für den Alltag: E-Autos mit Straßenzulassung

Aus Deutschland nahmen 16 Teams am Rennen teil. Welcher Einsatz dahintersteckt, zeigt ein Beispiel aus Trier. Mit dem Aeris IV trat das Team Protron der dortigen Hochschule in der Urban Concept-Klasse batterieelektrisch betriebener Autos an: "Unser Auto, ein 145 Kilo leichter Zweisitzer mit Lithium-Eisen-Phosphatakku, hat eine Straßenzulassung", hebt Teamsprecher Andreas Horsch hervor: Das Team tüftelt zudem an Leichtbau-techniken mit kohlenstofffaser- und naturfaserverstärkten Kunststoffen.

Die Mitglieder (etwa 70 Kommilitonen) kommen aus gleich vier Fachbereichen: Maschinenbau, Elektrotechnik, Informatik und Kommunikationsdesign. Trotzdem liegt das Projektbudget bei bescheidenen 50.000 Euro pro Jahr.  "Mit dem Fahrzeug erforschen wir die Umsetzung von Technologien, die in einem alltagstauglichen Fahrzeug eingesetzt werden können", erklärt der Team-Professor Dr. Hartmut Zoppke. Technik also, die sich kommerzialisieren lässt. "Wir wollen unser Wissen in abseh­barer Zeit auf einer IAA präsentieren", kündigt Zoppke an. Vielleicht in Form des nächsten Projekts: eines alltagstauglichen Viersitzers.