Tesla Model 3 (2019) im Test Wie ist die Reichweite?

Tesla Model 3 Foto: Thomas Küppers 32 Bilder

Das Tesla Model 3 zeigt im Test, wie problemlos Elektromobilität im Alltag funktioniert, wenn der Akku groß genug ist. Auch sonst hält das Elektroauto der Mittelklasse ein paar Überraschungen bereit.

Die ewige Leier der Reichweitenangst ist allgegenwärtig, sobald es um Elektroautos geht. Aber wie oft müssen denn die meisten Mitarbeiter Strecken von über 400 Kilometern am Stück zurücklegen? Und ist dann wirklich ein Auto der richtige Mobilitätsermöglicher?

Jedenfalls ist Tesla seit Jahren der einzige Hersteller, der überhaupt Autos mit einer so großen Reichweite anbietet. Und mit dem Model 3 stoßen die Amerikaner erstmals in das Preissegment vor, das auch bei Fuhrparks recht beliebt ist: die Mittelklasse. Mit Preisen ab 37.400 Euro (alle Preise netto) ist das Model 3 noch nicht einmal übertrieben teuer. Das ist die Basisversion mit Hinterradantrieb und 415 km Norm-Reichweite. Mit Allrad und großem Akku wie unser Testwagen kostet der 3er immer noch faire 46.000 Euro, obwohl die Norm-Reichweite auf 560 Kilometer steigt. Doch ist das Auto auch für den Alltag tauglich?

Auf den ersten Blick auf jeden Fall: Eine Länge von 4,69 Metern ist vergleichbar mit den deutschen Premium-Limousinen, doch im Innenraum kann der Tesla dank platzsparendem Elektroantrieb ordentlich auftrumpfen. Der große Akku versteckt sich wie schon bei den größeren Tesla Modellen S und X auch im Unterboden. Und dort ist er durchaus gut untergebracht, denn er senkt mit seinem hohen Gewicht den Schwerpunkt ab. Das verbessert die Fahrstabilität und schafft Raum für einen zweiten Kofferraum zwischen den Vorderrädern. Der besitzt keinen Griff, sondern kann wie fast alles am Tesla via App oder den Touchscreen im Innenraum geöffnet werden. Beim Schließen weißt dann die Bedienungsanleitung besonders darauf hin, vorsichtig zu sein: Denn wer das einzig Logische tut und in der Mitte der Haube das Tesla-Logo nach unten drückt, kann unschöne Dellen verursachen. Sachgerechtes Schließen ist laut Anleitung also nur mit zwei Händen möglich, die links und rechts gleichmäßigen Druck auf die fragile Haube ausüben.

Doch damit ist es mit den Besonderheiten des Elektromobils noch lange nicht getan. Es verlangt in vielen Bereichen nach einer Sonderbehandlung. Wer beispielsweise das praktische und überaus geräumige Ablagefach in der Mittelkonsole allzu zügig schließen möchte, wird es nicht schaffen. Das Fach will und will nicht zugehen. Nach mehrmaligen Fehlversuchen weist das Display den grobmotorischen Nutzer darauf hin, dass man das Fach doch bitte langsam schließen möge, dann klappe es auch mit der Verriegelung. Und tatsächlich: Mit genug Geduld schließt der Deckel nahezu lautlos und wird von einem Magneten in der gewünschten Position gehalten.

Auf seiner Oberseite findet sich im Übrigen eine Ablage, die auch mit großen Smartphones klarkommt. An Ladestrom mangelt es dank vier USB-Buchsen nicht, eine induktive Ladematte gibt es aber nur im Zubehör. Angesichts des riesigen Touchscreens auf der Mittelkonsole und der ansonsten modernen Infotainment-Ausrüstung verwundern solche Kleinigkeiten. Denn Tesla hat einen kühl und futuristisch gestalteten Arbeitsplatz beinahe ohne Knöpfe geschaffen. In jeder Tür steckt je ein Knopf zum Öffnen der Tür und Fenster, am Lenkrad sind zwei Multifunktionstasten – das war’s. Alles andere steuern die Insassen über den berührungsempfindlichen Bildschirm, der übrigens auch alle Funktionen eines üblichen Kombiinstruments übernimmt.

Tesla Model 3 Foto: Thomas Kueppers
In Verbindung mit der passablen Dämmung von Wind- und den nicht vorhandenen Motorgeräuschen ist das Model 3 ein geeignetes Reiseauto.

Wie fährt man hier eigentlich los?

Das alles ist im ersten Augenblick nicht selbsterklärend, aber in sich logisch aufgebaut. Eine Chipkarte öffnet das Auto, wenn man sie an die B-Säule hält. Sobald sie ihren Platz auf der Mittelkonsole gefunden hat, ist der Tesla startklar, ganz ohne Startknopf. Wem das zu altmodisch vorkommt, der kann natürlich auch per Smartphone-App starten. Die Einstellung von Spiegeln und Lenkrad geschieht dann über Touchscreen und Lenkradtasten.

Straffes Fahrwerk, überzeugende Reichweite

Ist die richtige Sitzposition gefunden heißt es Wählhebel auf D und Fuß aufs Fahrpedal. Aber nicht zu abrupt, sonst kann das ruckartige Nicken der Passagiere kaum als Zustimmung zum rabiaten Fahrstil gewertet werden. Das Model 3 legt los, wie die Feuerwehr gerne würde, wenn sie könnte. Im Testwagen bringen je ein Motor vorn und hinten maximal 340 kW auf die Straße, das entspricht 462 PS. Dank Allradantrieb und elektronisch gesteuerter Leistungsabgabe funktioniert das ansatz- und schlupflos. In der absoluten Spontaneität ohne Getriebezucken, Turboloch und Lärmausstoß besteht der größte Unterschied zu herkömmlich von Verbrennungsmotoren angetriebenen Fahrzeugen. Es geht einfach nur vehement vorwärts. Auch Kurven kann das Fahrwerk des Model 3 dank breiter Spur, gleichmäßiger Gewichtsverteilung und tiefem Schwerpunkt gut. Die Limousine folgt stoisch dem eingeschlagenen Kurs, ohne sich allzu sehr auf die Seite zu neigen. Mitfahrer wiesen bei Testfahrten ob so viel sportlichem Talent vorsichtig darauf hin, dass eine Haltemöglichkeit am Dachhimmel vermisst würde.

Das Talent ist freilich auch ein Verdienst der straffen Fahrwerksabstimmung, die langsame Fahrten auf schlechten Straßen nicht gerade zum Vergnügen macht. Bei höherem Tempo wie etwa auf der Autobahn federt das Fahrwerk dann zufriedenstellend. In Verbindung mit der passablen Dämmung von Wind- und den nicht vorhandenen Motorgeräuschen eignet sich das Model 3 als Reiseauto. Dazu tragen auch die gut 400 Kilometer Reichweite aus dem 75 Kilowattstunden-Akku bei. Wer besonders vorausschauend fährt, Geschwindigkeiten über 120 meidet und die Klimaanlage aus lässt, schafft auch über 500 Kilometer mit einer Ladung. Das spricht für einen effizienten Antriebsstrang, auf unserer Verbrauchsrunde zeigte der Bordcomputer durchschnittlich 15,7 kWh an – ein Top-Wert, den auch deutlich schwächere E-Autos nicht unterbieten können. Hilfreich ist dabei die kräftige Rekuperation, die einsetzt, wenn man den Fuß vom Fahrpedal nimmt. Sie macht das Bremspedal beinahe völlig überflüssig. Außerdem kann das Model 3 nicht nur an den Tesla-eigenen Superchargern schnell laden, auch an herkömmlichen Ladesäulen mit CCS-Stecker sind die Akkus zügig wieder aufgefüllt.

Autonomes Fahren ist noch Zukunftsmusik

Die Assistenzsysteme können allerdings noch nicht mehr als bei der Konkurrenz. Die vor allem von Tesla selbst viel gelobten Assistenzsysteme sind nicht auf demselben Stand wie bei Audi, BMW und Mercedes. Spuren erkennt der Tesla ganz gut, er schafft auch recht enge Kurvenradien ohne Fahrereingriff, doch der Abstandstempomat ist nicht umsonst in der Bedienungsanleitung als Beta-Version aufgeführt. Oft bremst er wegen Fahrzeugen auf der Nachbarspur, regelt unharmonisch und ist so einem konzentrierten Fahrer deutlich unterlegen. Ein Radar und acht Kameras rundum können zumindest mit der aktuellen Softwareversion noch nicht genug, um autonom zu fahren. Ein Ärgernis ist im Alltag der Regensensor. Er regelt willkürlich und nicht immer passend die Wischgeschwindigkeit und lässt sich nicht in seiner Empfindlichkeit einstellen. Auch hier steht ein Beta-Verweis in der Bedienungsanleitung.

Dafür kann die Konkurrenz nicht mit versteckten Spielereien, den sogenannten Easter-Eggs dienen. Nach Druck aufs Tesla-Symbol im Touchscreen hat man die Wahl zwischen lauschigem Lagerfeuer, Furzkissensimulation und ähnlichen Späßen. Und wer käme darauf, dass viermaliges Drücken des Fahrhebels während der Fahrt eine Regenbogenstraße auf den Monitor zaubert? So werden auch lange Fahrten kurzweilig, und lang können die Fahrten werden: Im Alltag sind fast immer 400 Kilometer Reichweite drin. Wer es wirklich eilig hat, kommt immer noch 300 Kilometer mit einer Ladung – derzeit konkurrenzlos in diesem Preissegment.

Verarbeitung im Detail

Tesla 3 Qualitätsmangel Foto: Thomas Kueppers
Unsauber eingepasste Türdichtungen, leicht verkratzende Kunststoffe, billiges und ungenau eingepasstes Filz im Kofferraum: Tesla hat in der Produktion noch etwas Abstand zur europäischen Konkurrenz.

Man kann den Eindruck gewinnen, dass Regen bei der Entwicklung in Kalifornien nicht die größte Rolle spielte. Bei unserer ersten Regenfahrt hängte sich der zentrale Bildschirm mehrfach auf – eine unangenehme Erfahrung, denn nur auf ihm zeigt Tesla die aktuell gefahrene Geschwindigkeit an. Ein Reset ist möglich, indem beide Lenkradtasten im Stand gleichzeitig gedrückt werden. Ob hier wirklich zu viel Wasser schuld war, können wir nicht sagen. Sicher ist hingegen, dass empfindliches Ladegut nicht direkt unter der Kofferraumöffnung liegen sollte. Ist das Auto nass, fließt das Wasser von der Heckscheibe nämlich ungehindert geradewegs in den Laderaum. Zugegeben, es gibt europäische Autos mit ähnlichen Problemen, dennoch sollten Entwickler solche Alltagsthemen berücksichtigen Wo wir gerade dabei sind: Zu schwer sollte Gepäck auch nicht sein, maximal mutet die Bedienungsanleitung dem Kofferraumboden 60 Kilogramm zu. Insgesamt durften beim Testwagen maximal 374 Kilogramm zugeladen werden. Kleinere Verarbeitungsmängel fallen da schon fast weniger ins Gewicht. Unsauber eingepasste Türdichtungen, leicht verkratzende Kunststoffe, ungenau montiertes Filz im Kofferraum, dort auch ein unmotiviert von der unlackierten Decke hängendes Kabel, ein mehrmals während der Fahrt abgestürzter Zentralbildschirm: Tesla hat in der Produktion noch deutlichen Abstand zur europäischen Konkurrenz.

Betriebskosten
Tesla Model 3 Long Range AWD 10.000 km/60 Monate 20.000 km/36 Monate
Basisdaten
Grundpreis ohne MwSt. 35.287 Euro 35.287 Euro
Teuerung während der Nutzungsdauer 6.965 Euro 4.055 Euro
Gebundenes Kapital 35.287 Euro 35.838 Euro
Feste Kosten pro Jahr
Kapitalverzinsung 2.964 Euro 3.010 Euro
Abschreibung 4.801 Euro 6.758 Euro
Kfz-Steuer 0 Euro 0 Euro
Typklasse HP/TK/VK 20/27/28 20/27/28
Haftpflichtversicherung * 994 Euro 994 Euro
Kaskoversicherung * 1.822 Euro 1.822 Euro
Unterstellung/Garage 573 Euro 573 Euro
Summe feste Kosten/Jahr 11.154 Euro 13.157 Euro
Summe feste Kosten/km 111,5 ct 65,8 ct
Variable Kosten pro km
Kraftstoff 4,4 ct 4,4 ct
Reifen 3,1 ct 3,1 ct
Wartung und Reparatur 18,8 ct 8,7 ct
Summe variable Kosten/km 26,3 ct 16,2 ct
Gesamtkosten
Gesamtkosten pro km 137,8 ct 82,0 ct
Quellenangabe Betriebskosten
Daten berechnet von Dekra Dekra
Stand 5/2019 5/2019
Versicherung * Versicherung jeweils bei 70 Prozent mit 500 Euro Selbstbeteiligung, einschließlich Teilkasko mit 150 Euro Selbstbeteiligung. Versicherung jeweils bei 70 Prozent mit 500 Euro Selbstbeteiligung, einschließlich Teilkasko mit 150 Euro Selbstbeteiligung.
Technische Daten
Tesla Model 3 Long Range AWD
Karosserie
Aufbau Fließheck
Zahl der Sitzplätze 5
Motor/Antrieb
Antriebskonzept Elektromotor
Kraftstoff Strom
Getriebe automatisch
Anzahl Gänge 1
Antrieb Allrad
Batterie-Typ Lithium-Ionen
Batterie-Kapazität 75,0 kWh
Preis
Grundpreis ohne MwSt.Herstellerangabe 47.731 Euro
Grundpreis ohne MwSt.nach Abzug des Umweltbonus 43.731 Euro
Abmessungen/Gewichte/Reifen
AußenmaßeLänge x Breite ohne Spiegel x Höhe 4.694 x 1.850 x 1.443 mm
Radstand 2.875 mm
Leergewichtvollgetankt inkl. 75 kg Fahrer 1.847 kg
Zuladung 418 kg
Zulässiges Gesamtgewicht 2.265 kg
Reifengröße vorne 235/45 R 18
Reifengröße hinten 235/45 R 18
Fahrleistung und Verbrauch
Beschleunigung 0-100 km/h 4,6 s
Höchstgeschwindigkeit 233 km/h
VerbrauchHerstellerangabe WLTP 16,0 kWh
Reichweite Herstellerangabe 560
firmenauto-Verbrauchsrunde (200 km) 15,7 l/100 km
CO2-AusstoßHerstellerangabe WLTP 0 g/km
 
Slnr 107037