Wertminderung nach Unfall So tricksen Versicherungen

Geldmünzen Foto: AdobeStock

Nach Unfällen versuchen Versicherungen häufig, geschädigte Unternehmen um die Mehrwertsteuer zu bringen. Und die Gerichte spielen mit.

Lieder ein neuer Trick der Versicherer. Immer häufiger würden sie bei der Schadenabwicklung Kasko- und Haftpflichtschadenrecht durchein­anderwerfen, so Rechtsanwalt Roman Kasten. Möglicherweise, um die Geschädigten zu verunsichern. "Hat es gescheppert, geht es aber um Schadenersatz und nicht um vertragliche Ansprüche." Schadenersatz beinhaltet alle Beträge, die nach einem Unfall beim Geschädigten hängen bleiben. Alles, was erforderlich und geschuldet werde, müsse bezahlt werden, betont der Fuhrparkexperte. Maßstab sei immer ein ordentliches ­Sachverständigengutachten.

Doch gerade das greifen seiner Erfahrung nach nun einige Kfz-Versicherer an einer Stelle sehr erfolgreich an: Sie fordern, dass Unternehmen nur einen um die Umsatzsteuer reduzierten Wertminderungsbetrag erhalten. Als Grundlage berufen sie sich häufig auf ein Urteil des Amtsgerichts Remscheid (Az.: 8a C 190/16).

Die Praxis sah bisher anders aus. Allerdings bestätigt Kasten, dass sich die Versicherer bei verschiedenen Gerichten mit ihrer Rechtsauffassung durch­setzen konnten. "Tatsächlich ist die nicht falsch." Schließlich gebe es ein Bereicherungsverbot.

Daher rät der Anwalt den Fuhrparkchefs, unbedingt die Verträge mit ihren Leasinggebern zu prüfen. "Dort darf nicht mehr stehen, dass das Geld aus dem Gutachten geschuldet wird, sondern nur noch, was real von der Versicherung gezahlt wird", erläutert Kasten. Zwar werde es noch einige Zeit dauern, bis der Bundesgerichtshof (BGH) endgültig über Wertminderung und Mehrwertsteuer entscheide, doch Fuhrparkverantwortliche sollten vorbauen. Kasten kritisiert insbesondere ein Urteil, nach dem bei fiktiver Abrechnung von Unfallschäden der Nutzungsausfall nicht mehr gewährt werden soll (LG Darmstadt, Az.: 23 O 386/17 vom 05.09.2018).

Schadensrecht Umsatzsteuer Foto: firmenauto
Umsatzsteuer auf Wertminderung?

In solchen Fällen müsse das betroffene Unternehmen nach Meinung des Gerichts einen Mietwagen tatsächlich anmieten, um die Kosten für einen Ersatzwagen erstattet zu bekommen. Rechts­anwalt Kasten hält die Argumentation des Gerichts aber nicht für schlüssig. Er geht davon aus, dass das Oberlandesgericht Frankfurt am Main "früher oder später" wieder zur bundesweit üblichen Rechtsprechung zurückkehren werde, nach der auch bei fiktiver Abrechnung ein Anspruch auf Nutzungsausfall besteht. Daher rät er, ähnliche Entscheidungen anzufechten.

Viel Aufmerksamkeit sollten die Unternehmen außerdem der Fuhrpark-Compliance widmen. Um rechtlich konform entscheiden zu können, müssen sich Flottenverantwortliche intensiv und regelmäßig mit nationalem und internationalem Recht auseinandersetzen. Nur so können sie Fehlverhalten aufdecken und entsprechend reagieren. Bestes Beispiel seien Gefälligkeits- und Telegutachten, der Verkauf verunfallter Fahrzeuge sowie Rabattierungen (Kick-backs). Grundsätzlich sollten Unternehmensstrukturen, die integres Verhalten gewährleisten – also die sogenannte Prävention – regelmäßig auf den Prüfstand. Hilfreich ist hier das aktuelle "Handbuch des Fuhrparkrechts" von Kastens Kanzleikollegin Inka Pichler-Gieser. Es enthält ein umfangreiches Kapitel zum Thema Fuhrpark-Compliance.