Car Policy Den Fuhrpark grün organisieren

Firmen, die ihre Flotte ökologischer organisieren wollen, sollten wissen, wann und wie Dienstwagen genutzt werden. Und sich in Geduld üben: Verhalten zu ändern, fordert Zeit und gute Argumente.

Ein ambitioniertes Ziel: Bis 2020 will die IT-Beratung Logica den gesamten Kohlendioxid-Ausstoß des Unternehmens wenigstens halbieren. Das wirkt sich auch auf den Fuhrpark aus: Unter den 570 Autos der deutschen Logica-Tochter wird bald keines mehr sein, das mehr als 130 Gramm CO2 pro Kilometer emittiert. "In einem User-Chooser-Motivations-Fuhrpark ist es aber eine Herausforderung, Mitarbeiter zu überzeugen, auf ein umweltverträglicheres Auto umzusteigen", sagt Fuhrparkmanager Ruj Filipe.

Schwächer motorisiert, effizienter, ökologisch sinnvoller: Deutschlands Firmen beginnen umzudenken. Nach einer Studie der Leasinggesellschaft Arval haben 15 Prozent der Unternehmen umweltfreundliche Autos in der Flotte. Etwa jede zehnte Firma plant, solche Wagen mittelfristig einzusetzen. Doch in Deutschland bremsen Traditionen die Sparsamkeit aus: Allen Argumenten zum Trotz hat Otto Normalverbraucher gerne viele PS unter der Motorhaube. Im ersten Halbjahr 2011 hatten Neuwagen im Schnitt eine Leistung von 134 PS – so viele Pferdestärken wie nie, wie das Center Automotive Research der Universität Duisburg-Essen feststellte. Treiber dieser Entwicklung sei das Interesse an Geländewagen – und an Firmenautos.

Neue Dienstwagen sind im Schnitt 152 PS stark, nur wenige schaffen die CO2-Grenze von 130 g/km. Die konträren Zahlen zeigen: Zwar steigt das Umweltbewusstsein, doch Manager stoßen auf Widerstände, wollen sie die Flotte ökologischer ausrichten. "Das Bekenntnis zum Umweltschutz und das Handeln klaffen weit auseinander", stellt Michael Müller-Görnert vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) fest. Peter Hellwich, Geschäftsführer der PHS-Fuhrparkberatung in München, ergänzt: "Veränderungen in der Car Policy dauern ihre Zeit, man kann sicher nicht alle Forderungen nach mehr Umweltbewusstsein auf einen Schlag durchsetzen."

Gerade in Deutschland dient das Auto nicht nur der Fortbewegung. Autos verhelfen ihren Besitzern zu Prestige, Position, Anerkennung. Wer einen Dienstwagen steuert, gilt als erfolgreich: Von diesem Denken konnten Firmen in den letzten Jahren profitieren. Um verdiente Mitarbeiter zu belohnen oder um Personalkosten zu sparen, boten sie auch jenen Kollegen Dienstwagen an, die diesen für die Arbeit nicht brauchten. "Fahr mit unserer Hilfe einen besseren Wagen, als du dir leisten kannst", hieß der Deal.

In Zeiten steigender Spritpreise, wachsender Steuern auf CO2-Emissionen und Umweltdiskussionen lohnt sich das aber nun nicht mehr unbedingt für die Unternehmen. Zu wenden und Ansprüche zurückzufahren fällt jedoch schwer. "Vernünftig motorisierte Autos wählen, bei Motivationsfahrzeugen die großvolumigen Motoren verbieten – da werden die Manager und Mitarbeiter laut aufschreien", warnt Hellwich. "Aber anders lassen sich Umweltziele nicht realisieren." Stärker als auf die Modellpalette werden Fuhrparkmanager auf das Denken und Verhalten von Mitarbeitern und Führungskräften einwirken müssen: Dafür sollten sie sich Zeit nehmen, Langmut beweisen und gute Argumente vorbereiten.

Erster Schritt: die Bedarfsanalyse

"Der erste Schritt zur grünen Flotte ist eine Potenzialanalyse, die aufzeigt, wofür die Autos dienstlich und privat genutzt werden", sagt Michael Schramek, Geschäftsführer der Siegburger Beratung Ecolibro. "Beachtet werden sollte dabei, was der Standort an öffentlichen Verkehrsmitteln und Alternativen zum Auto bietet." Leasinggesellschaften fertigen Berichte über den CO2-Ausstoß, den Spritverbrauch und die Fahrleistung. Solche Zahlen liefern Hinweise, welche Pool- und Servicefahrzeuge sich durch sparsamere Modelle ersetzen lassen. Werden Wagen selten genutzt, ist Carsharing eine effiziente Alternative. Organisationen wie die Deutsche Energie-Agentur (Dena), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) oder der VCD unterstützen Unternehmen bei der Umstellung der Flotte. Mit fünf weiteren Organisationen in Europa hat der VCD zudem die Initiative Cleaner Car Contracts (CCC) ins Leben gerufen: Firmen, die die Emissionen ihrer Flotten auf Euro-Normen senken, werden mit einem imageträchtigen Label belohnt. "Der Cleaner Car Contract zeigt, dass Unternehmen bereit sind, die europäischen Zielvorgaben für den CO2-Ausstoß neuer Fahrzeuge zu erfüllen", meint Müller-Görnert.

Vor der Umstellung wertete auch Fuhrparkmanager Filipe das Nutzungsverhalten und die Verbrauchswerte der Logica-Flotte aus. Sukzessive stellt er eine Flotte zusammen, die heute 900 Tonnen weniger CO2 emittiert als vor zwei Jahren. Beim Downsizing konnte Filipe auf das grüne Gewissen der Kollegen hoffen. Dieses wird bei Logica seit Jahren gepflegt. Das Team wird auf Maßnahmen zum Energiesparen oder Müllvermeiden eingeschworen, neuerdings stehen auch Alternativen zum Auto auf dem Programm: "Das hat viel dazu beigetragen, dass die meisten es richtig finden, auf ein grüneres Fahrzeug umzusatteln", erzählt Filipe.

Weniger PS, mehr Ausstattung

"Im vergangenen Jahr haben wir eine Bonus-Malus-Regel in der Car Policy implementiert, das Leasing-Budget richtet sich seither nach dem CO2-Ausstoß." Wer jetzt auf Zylinder und Hubraum beharrt, zahlt zu; wer auf Motorleistung verzichtet, kann teurere Ausstattung ordern. "Soll nur der CO2-Ausstoß der Flotte gemindert werden, kann die Car Policy so verändert werden, dass man von jedem Modell die Öko-Variante anbietet", empfiehlt auch Hellwich. Doch dabei ist mit Widerspruch zu rechnen. Nicht überall wird das Umweltbewusstsein so gefördert wie bei Logica und für Führungskräfte ist eine Limousine mit hoher Leistung gleichbedeutend mit Macht. Von dieser geben sie ungern ab: "Bei Fahrkomfort und Sicherheit macht die Motorisierung keinen Unterschied mehr", meint Hellwich. Dies ließe sich während einer begleiteten Probefahrt austesten. Auch die Vorteile von Zubehör wie Start-Stopp-Automatik, Umweltreifen oder Tempomat, das eine umweltbewusste Fahrweise unterstützt und bei der Ausrichtung einer Flotte oft nicht beachtet wird, werden durch eigenes Ausprobieren deutlich.

Selbst bei solchen eher überschaubaren und technischen Eingriffen in die Flotte und in die Modellauswahl sollten Personalabteilung, Betriebsrat und die Vertretung leitender Angestellter mit im Boot sitzen und die Maßnahmen unterstützen: "Andernfalls läuft man Gefahr, dass der Eindruck entsteht, Firmenleitung und Fuhrpark-Management wollten Mitarbeitern etwas wegnehmen", erklärt Schramek. Änderungen in der Car Policy wie etwa das Downsizing der Modellpalette, Malusregeln für großvolumige Fahrzeuge und Anweisungen für Fahrten und Reisen, so auch die Beobachtung der Leasing- Gesellschaft Athlon Car Lease, sind leichter durchsetzbar, wenn Mitspracherechte bestehen.

Fahrverhalten muss sich ändern

Gibt es individuelle Verträge zur Überlassung eines Dienstwagens ohne Bezug auf die Car Policy, muss mit jedem einzelnen Mitarbeiter verhandelt werden. "Das Firmenauto ist zwar oft Gehaltsbestandteil", erklärt Hellwich. "Aber man sollte auf jeden Fall darauf achten, dass es sich um eine freiwillige, soziale Leistung handelt und dies regelmäßig auch angesprochen wird, so lassen sich Änderungen leichter durchsetzen." Firmen, die es ernst meinen mit der grünen Flotte, werden jedoch nicht nur den CO2-Ausstoß mindern, sondern darauf einwirken, Fahrverhalten zu verändern und die Flotte weiter zu verkleinern. Für diese Ziele liefert die Auswertung der Nutzungsdaten, vor allem aber des Mobilitätsangebots vor Ort ebenfalls wertvolle Hinweise. Mitarbeiter wollen komfortabel vom Fleck kommen, flexibel An- und Abfahrtszeiten wählen und schnell ein Verkehrsmittel erreichen.

Wo es von der Haltestelle bis ins Büro nicht weit ist und Busse auch nach Überstunden oft fahren, ziehen Mitarbeiter dem Dienstwagen anderen Incentives vor. Eine firmeneigene Mitfahrzentrale mindert ebenfalls die Zahl der Fahrten, weil sie die Bildung von Fahrgemeinschaften erleichtert, etwa zu Seminaren und anderen Veranstaltungen. Sind Carsharing-Fahrzeuge schnell und gut erreichbar, werden sie als Pool-Fahrzeug auch gerne angenommen. In schlecht versorgten Gegenden können Firmen bei Verkehrsgesellschaften Haltestellen beantragen oder sich als Carsharing-Standort anbieten.

Carsharing geht auch

Lassen sich Aktionen wie der Cleaner Car Contract oder das Senken des CO2-Ausstoßes in der Flotte für die Imagepflege nutzen, gilt das für Strategien wie Trainings zum umweltbewussten Fahren oder für interne Mitfahrzentralen nicht. "Solche Maßnahmen machen sich in der CO2-Bilanz nicht bemerkbar", kritisiert Hellwich gängige Messverfahren. Ob europäische Schadstoffgrenzen eingehalten werden, wird an genormten Fahrzeugen überprüft und nicht im realen Verkehr. "Das hat mit der Realität nichts zu tun", moniert Hellwich, "sinnvoller wäre die Messung des tatsächlichen Benzinverbrauchs." Dann würden sich Unternehmen und Mitarbeiter schneller auf die Forderungen einlassen. So müssen eingefahrene Meinungen langsam verändert werden: etwa durch neue Vorbilder oder regelmäßige Informationen des Fuhrparkmanagements zum umweltbewussten Fahren oder zum richtigen Einsatz von Tempomaten.

"Fuhrparkmanager sollten, wo das Auto unverzichtbar bleibt, mehr auf die Faszination von Zubehör wie Spritsparassistenten oder auf die Wertigkeit des Innenraums verweisen", fügt Schramek dem hinzu. Das Auto neu sehen zu lernen, heißt das Ziel. "Wo Chefs einen aufgemotzten AMG fahren und ihre Mitarbeiter zur Vernunft bringen wollen, geht etwas gehörig schief", stellt Hellwich fest, "und wo verdientes Personal nur einen Firmenwagen wählen kann auch." 

Auf die Vorarbeit kommt's an - Die Flotte grün auszurichten, erfordert viel Geduld

  • Zahlen sammeln: Die Nutzungsdaten zeigen, wo der CO2-Ausstoß gemindert werden kann.
  • Umfeld analysieren: Reichen eventuell Bus, Bahn, Taxi oder Carsharing?
  • Auf Technik setzen: Videokonferenzen können Dienstfahrten ersetzen.
  • Transparenz schaffen: Mitarbeitervertretungen früh einbeziehen.
  • Vorbild sein: Führungskräfte machen mit und gehen beim Downsizing mit gutem Vorbild voran.
  • Car Policy prüfen: Modellauswahl am CO2-Ausstoß ausrichten. Bonus-Malus-System und Testfahrten mit Spritspar-Modellen organisieren.
  • Auf Zubehör achten: Start-Stopp oder Tempomat verändern Fahrweisen.
  • Incentives einführen.
  • Reisen regeln: Kilometergrenzen einführen, auf Zug verweisen. Für Stadtfahrten Räder und Bustickets anschaffen.
  • Organisieren helfen: Eine interne Mitfahrzentrale hilft Fahrten einsparen.
  • Fahren trainieren: Eco-Fahrtrainings verändern gewohnte Fahrweisen.
  • Spielerisch rangehen: Interne Wettbewerbe und Auszeichnungen verstärken positive Verhaltensweisen.