Der Freiburger Energiedienstleister Badenova will bis 2030 seine CO2-Emissionen halbieren. Das hat Konsequenzen für den Fuhrpark – mit allen Chancen und Hindernissen.
Badenova sieht sich nicht nur als Energie-, sondern auch als Umweltdienstleister und macht bei sich selbst keine Ausnahme, wenn es darum geht, nachhaltige Ansprüche zu stellen: Neubauten werden nach hohen Umweltanforderungen errichtet, und auch der Fuhrpark soll grüner werden. "Bis 2030 wollen wir unsere gesamte Flotte auf regenerative Antriebe umstellen – je nach aktuellem Modellangebot und technischen Anforderungen aus unseren Fachbereichen", erklärt Fuhrparkmanager Thomas Herbstritt, der seit 1995 für Badenova tätig ist. Zwei Mitarbeiter unterstützen ihn in der Fuhrparkverwaltung, sechs weitere in einer eigenen Kfz-Werkstatt in Freiburg, die die ständige Bereitschaft der Serviceflotte im Störungsfall sicherstellt. "Unter regenerativen Antrieben verstehen wir nicht nur Elektro-, sondern auch Hybrid-, Erdgas- und Wasserstofffahrzeuge. Auch synthetische Biokraftstoffe gehören für uns dazu."
Badenova hat sich zum Ziel gesetzt, in neun Jahren zum einen seine Kaufflotte für Monteure sukzessive auszutauschen, die aus 300 Nfz und 200 Pkw in blauer Badenova-Corporate-Identity besteht. Zum anderen sollen auch die 100 Dienstwagen regenerativ werden, die den berechtigten Mitarbeitern im Full-Service-Leasing bei der Deutschen Leasing auch zur privaten Nutzung überlassen werden. Schon heute hat sich das Unternehmen eine ökologische Dienstwagenregelung auferlegt, die maximal 120 Gramm CO2-Ausstoß vorschreibt und bestimmte Fahrzeugklassen wie Gelände- oder Sportwagen ausschließt. 24 der insgesamt 300 Badenova-Pkw haben bereits einen Hybridantrieb. Zusätzlich gibt es viele Erdgas- und Elektroautos in der Flotte.
Und schon in diesem Jahr setzt die EU einen weiteren Meilenstein auf die Agenda der Badener: "Ab 2. August müssen wir bei der Beschaffung von Fahrzeugen eine Quote von 40 Prozent einhalten, die maximal 50 Gramm CO2 ausstoßen", konkretisiert Herbstritt die EU-Richtlinie für Badenova. Jedes Jahr ersetzt er etwa 30 Fahrzeuge und prüft nun bei jedem Modell, ob und wie es sich durch eine regenerative Variante ersetzen lässt. Eben erst erhielt die Badenova-Tochter BN-Netze 14 Ford Tourneo Custom Plug-in-Hybride mit Range-Extender sowie elf Ford Kuga Plug-in-Hybride. Noch in diesem Jahr sollen fünf VW ID.3 sowie fünf Skoda Kamiq mit Erdgasantrieb folgen.
Mitarbeiter dürfen ihre Privatautos laden
Parallel baut der Energieversorger eine unternehmenseigene Ladeinfrastruktur auf. In der Zentrale in Freiburg, wo die meisten Dienstwagenfahrer arbeiten, können sie ihre Firmenwagen an 42 und ihre privaten Autos an zehn Ladepunkten anstöpseln. "Unser Ziel ist es, bis März 2022 mithilfe bereits bewilligter Fördergelder alle Badenova-Standorte mit E-Ladepunkten auszustatten", so Matthias Schöffing, Leiter Materialwirtschaft/Infrastruktur.
Nur noch regenerative Antriebe bis 2030 – das stieß intern erst einmal auf geteiltes Echo. »Es gab teilweise einen regelrechten Aufschrei", erinnert sich Herbstritt, der viele Vorbehalte aus dem Weg räumen muss und dabei gerne die Praxis für sich sprechen lässt: "Den Skeptikern gebe ich einfach ein Elektroauto aus unserem Pool, wenn ihr Verbrenner gerade in der Werkstatt ist. Die Reaktion fällt fast immer positiv aus."
Aber auch andere Hürden muss Badenova auf dem Weg zum grünen Fuhrpark meistern. "Maximale Ökologie und maximale Mobilität schließen sich manchmal aus", nennt Schöffing eine erste. Wer einen Firmenwagen auch privat nutzen darf, kann mit Ladekarten und einer Wallbox zu Hause unterstützt werden. Beim Bereitschaftsdienst klappt das nicht so leicht. Die Kollegen können unterwegs nicht laden und haben oft auch zu Hause keine Möglichkeit, eine Wallbox anzuschließen. Oder sie wohnen dort, wo es keine öffentlichen Ladesäulen gibt. Aber genau diese Mitarbeiter müssen die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser garantieren und im Störungsfall jederzeit und auch jenseits der aktuellen Reichweiten von E-Nfz mobil sein.
Außerdem beschäftigt Badenova die Vorschrift der Berufsgenossenschaft, Mitarbeiter in Hochvoltfahrzeugen zu unterweisen. "Wir erarbeiten gerade eine konzernweite Unterweisung im E-Learning-Format, damit jeder elektrische Fahrzeuge bedienen darf und nicht zu Schaden kommt", berichtet Herbstritt. Auch Ladekabel als elektrische Betriebsmittel werden jährlich geprüft. "Lauter neue Themen, die mit den neuen Antrieben auf Unternehmen zukommen." Und dann gilt es noch, bei der Belegschaft ein neues Bewusstsein zu schaffen. "Dazu zählt auch, dass man den Ladeparkplatz für Kollegen frei macht, wenn der eigene Wagen nach vier Stunden voll ist", weiß Schöffing aus leidlicher Erfahrung zu berichten.
Trotz aller Hürden unterstützen Schöffing und Herbstritt die Strategie. Außer dem Gewinn für die Umwelt sehen sie auch große Chancen für Badenova. 1995 gewährte das Unternehmen Kunden einen Zuschuss von 3.000 Euro für die Anschaffung eines Erdgasautos, heute setzt es auf den Effekt der Mitarbeiter als Multiplikatoren: Interessierte dürfen sich aus dem Pool ein Hybrid- oder E-Auto ausleihen und ausprobieren, welches Konzept am besten zu den eigenen Ansprüchen passt: Ford Kuga oder Mitsubishi Outlander mit Plug-in-Antrieb? Oder doch ein E-Auto? "Schon vier Kollegen haben sich im Anschluss privat einen elektrischen Kona angeschafft und bringen ihrem Umfeld wiederum das Thema näher", so Herbstritt.
Näher bringt Badenova das Thema der alternativen Antriebe auch extern. "Wir verkaufen nicht nur Energie, sondern beraten andere Kommunen und interessierte Unternehmen über Mobilitäts- und Antriebskonzepte", so Schöffing. Nicht zuletzt sei die nachhaltige Ausrichtung auch ein ganz handfester Vorteil bei der Bewerbung in Ausschreibungen auf Netzkonzessionen, da inzwischen vonseiten der Kommunen sehr strenge ökologische Kriterien in die Bewertung miteinfließen.
"Mobilität ist für uns ein ganz großes Rad", so Schöffing. Mitarbeiter können per App Mitfahrgelegenheiten suchen und bekommen Parkplätze, wenn sie sich ein Auto teilen. Diensträder wurden angeschafft und werden von 200 Mitarbeitern genutzt. Selbst die Gesundheit der Mitarbeiter integrieren die Badener in ihre nachhaltige Ausrichtung – daher die E-Räder im Pool für alle. Und auch die Parkraumbewirtschaftung wird kritisch unter die Lupe genommen: "Künftig sollen die Mitarbeiter die Möglichkeit haben, via App schon von zu Hause aus freie Parkplätze zu lokalisieren und ihre Route zu planen, etwa mit Stopp auf einem Park-and-ride-Parkplatz", berichtet Schöffing. Dafür, dass Teilzeitkräfte noch um 10 Uhr sicher einen freien Parkplatz vorfinden, nachdem sie ihre Kinder morgens in Kita oder Schule gebracht haben, ist ebenfalls gesorgt. "Für uns ist Mobilität mehr als nur blau gebrandete Fahrzeuge", fasst Schöffing zusammen.