Privatkunden stehen auf den Nissan Qashqai, Firmenkunden müssen ihn erst entdecken. Der Modellcheck sagt, was der kompakte SUV kann und welche Versionen sich für den Flottenbetrieb empfehlen.
Damit hatte Nissan wohl nicht gerechnet, als die Japaner 2007 den ersten Qashqai auf den Markt brachten: In kurzer Zeit avancierte der kompakte SUV zu einem der erfolgreichsten Modelle seiner Klasse. Gut zwei Millionen Qashqai liefen von den Bändern des britischen Nissan-Werks in Sunderland, bis im Februar 2014 die zweite Generation eingeführt wurde. Auch die fährt in Deutschland stramm auf Erfolgskurs und fand bereits nach
einem Jahr über 24.000 Neubesitzer.
Nur mit den Firmenkunden will’s noch nicht so recht klappen. Zumindest nicht laut der letzten Dataforce-Marktanalyse vom Herbst 2014. Unter den im Flottenmarkt meist-verkauften kompakten SUV schafften es neben den Platzhirschen Audi Q3, VW Tiguan lediglich Volvo XC60, Mazda CX-5 und Hyundai ix35 als Importmodelle unter die Top Ten.
Dabei hat der 4,37 Meter lange Qashqai alles zu bieten, was einen Einsatz als Firmenwagen rechtfertigen würde: sparsame Motoren, Automatikgetriebe, wahlweise Front- oder Allradantrieb sowie moderne Assistenz- und Multimediasysteme.
Wie üblich bei Importeuren gibt es vieles, aber eben nicht alles. Beispiel Motoren: Diesel und Allrad? Kann der Qashqai. Diesel und Automatik? Kann er auch. Nur die Kombination aus allen dreien verweigert Nissan den Kunden. Damit kann man leben. Ärgerlicher ist, dass Nissan einen Teil der die Sicherheitsfeatures nur für die teuerste Ausstattungsversion liefert. Wer andererseits nicht knausert, bekommt für 28.500 Euro einen voll ausgestatteten Allrad-Geländewagen, der kaum Wünsche offen lässt
Viele Ablagen und Staufächer
Los geht’s allerdings schon bei günstigen 16.800 Euro. Dafür bekommt man den 115 PS starken Benziner in der Einstiegsversion Visia. Wie alle Qashqai-Modelle bietet er eine umfassende Sicherheits-Grundausstattung, standfeste Bremsen, ein gutes Raumangebot und eine praxisgerechte Inneneinrichtung.
An Details erkennt man, dass sich die Ingenieure im Vorfeld viele Gedanken gemacht haben. Dem Kabelkanal in der Mittelkonsole etwa. Wird das Smartphone woanders abgelegt, lässt sich das Ladekabel so verlegen, dass es nicht eingeklemmt wird. Oder die etwas abgesenkten Getränkehalter zwischen den Sitzen: Sie verhindern, dass der Arm beim Schalten mit Flasche oder Becher ins Gehege kommt.
Überhaupt mangelt es nicht an Ablagen und Fächern für den täglichen Krimskrams. Ob man aber jemals alle 16 möglichen Konfigurationen des versetzbaren Ladebodens ausnutzt, dürfte selbst bei intensiver Nutzung des 439 Liter großen Kofferraums fraglich sein. Die meisten Fahrer werden den Boden oben einstecken, so dass er bündig mit der relativ hohen Ladekante abschließt. Kleinzeug wandert dann in den Laderaum-Keller, Kisten und Koffer lassen sich oben im sauber aufgeräumten Heck verstauen.
Ihre Fahrer müssen öfters schmutzige Maschinen oder verdreckte Stiefel verstauen? Kein Problem, der Boden lässt sich wenden und seine Unterseite ist mit abwaschbarem Kunststoff beschichtet.
Und falls ein wirklich großer Transport ansteht, wird einfach das Rollo in einem eigenen Fach untergebracht und die Rücklehne vorgeklappt. Das vergrößert den Kofferraum auf geräumige 1.585 Liter. Damit bewegt sich der Qashqai in Sachen Platzangebot auf dem Niveau von VW Tiguan oder Ford Kuga, aber einiges über dem deutlich enger geschnittenen Kia Sportage.
Überhaupt ist das Raumangebot besser als in den Modellen der ersten Generation. Erst wenn hinten drei Erwachsene Platz nehmen, wird es im Fond wirklich eng. Ansonsten sitzt man vorne wie hinten auch über längere Strecken bequem auf großzügig dimensionierten Polstern, bei deren Entwicklung sich die Ingenieure sogar Amtshilfe bei der NASA einholten.
Basismodell Visia empfiehlt sich nicht
aufgeräumt. Nur die vorne an der Mittelarmlehne versteckten Schalter der Sitzheizung fallen nicht gleich ins Auge. Ansonsten lassen sich die meisten Funktionen über Bedientasten am Lenkrad abrufen. Ob Reifendruck-Werte jedes Rads, Verbrauch oder Assistenzsysteme, das bunte Display zwischen Tacho und Drehzahlmesser zeigt alles übersichtlich an.
Wie umfangreich das Menü ausfällt, hängt von der Ausstattung ab. Die ausschließlich für die beiden Einstiegsmotoren erhältliche Basisversion Visia können wir schon deshalb nicht empfehlen, weil Nissan ihr fast alle Fahrhelfer verweigert. Nicht, dass der Visia besonders schlecht ausgestattet wäre. Er rollt zwar nur auf 16-Zoll-Stahlrädern, doch sechs Airbags, LED-Tagfahrlicht, Tempomat, CD-Radio, Bluetooth, Klimaanlage und etliches mehr kann auch er bieten. Da mögen 2.865 Euro für den Sprung auf die nächste Ausstattungslinie Acenta auf den ersten Blick happig erscheinen.
Doch sowohl der 115 PS starke Turbo-Benziner als auch der Einstiegsdiesel mit 110 PS tun sich schwer, den schon leer 1.400 Kilo wiegenden SUV einigermaßen dynamisch zu bewegen. Viel besser passen die beiden stärkeren Motoren mit 130 (Diesel) beziehungs- weise 163 PS (Benziner). Beide gibt es aber erst ab dem Acenta-Niveau für 23.109 beziehungsweise 21.386 Euro. Sie haben dann serienmäßig Spurhalteassistent, Verkehrszeichenerkennung und Auffahrwarner an Bord. Weitere Komfort-Extras wie Fernlichtassistent, Klimaautomatik, beheizbare Komfortsitze und etliches mehr machen das zweite Ausstattungsniveau zur ersten Wahl für Vielfahrer und Geschäftswagen.
Alle weiteren Ausstattungen sind Kür, auch das 588 Euro teure Sicherheitsschild. Das bietet Nissan ausschließlich für den nochmals 3.700 Euro teureren Tekna an. Es beinhaltet Totwinkel und Müdigkeitswarner sowie Bewegungssensoren, die beim Einparken vor oder hinter dem Auto spielende Kinder erkennen.
Das Navi kostet nur 756 Euro und kommt sogar mit Digitalradio
Das schnell rechnende Navisystem aber sollten Fahrer oder Flottenchefs bei der Bestellung auf jeden Fall ankreuzen. Für nur 756 Euro bekommen sie zusätzlich Rückfahrkamera, Digitalradio, eine schnelle Smartphone-Einbindung für
Audio Streaming sowie eine Monitoransicht, die das Auto der Vogelperspektive zeigt. Damit kann der Fahrer den ansonsten ziemlich unübersichtlichen Wagen zentimetergenau in die Parklücke zirkeln.
Adaptive Fahrwerke, auf Knopfdruck änderbare Motorabstimmung und andere Spielerein darf der Käufer nicht erwarten. Wozu auch? Der Qashqai hat ein solides Standard-Fahrwerk mit einer etwas schwammigen Lenkung, das keine größeren sportlichen Eskapaden erlaubt. Hält sich der Fahrer nicht zurück, zeigt der SUV seine Tendez zum Untersteuern, bevor das ESP hart eingreift. Auch der Federungskomfort geht in Ordnung.
Verkneift man sich die großen Räder, kommt das Fahrwerk auch auf holprigen Straßen zurecht, ohne Schläge in den Innenraum weiterzureichen.
Für Vielfahrer empfiehlt sich der 130 PS starke Diesel, wenngleich der im unteren Dampf gerne etwas mehr Dampf haben dürfte. Unter 2.000 Touren sollte man die Drehzahl besser nicht fallen lassen. Erst darüber schiebt er den Geländewagen kräftig an. 7,2 Liter verbrauchte der 1.6 dCi mit Allradantrieb im Test. Effektiv ist das kein schlechter Wert,
relativ aber 63 Prozent mehr als von Nissan versprochen. Dass es auch sehr viel sparsamer geht zeigt unsere zurückhaltend gefahrene, 200 Kilometer lange Normverbrauchsrunde über Autobahn und die Schwäbische Alb. Auf ihr begügt sich der Diesel mit nur 5,2 Litern.
Wer keine 20.000 oder mehr Kilometer im Jahr herunterreißt, sollte den neuen 1.6 DIG-T Probe fahren. Der Turbobenziner kostet 1.765 Euro weniger als der Diesel. Dass er 33 PS mehr an die Vorderräder leitet, ist gleich zu spüren. Der angenehm leise und vibrationsfrei laufende Vierzylinder reagiert spontan auf Gas-stöße und lässt sich schaltfaul fahren. Vor allem die 240 Nm bei 2.000 Umdrehungen sind ein Wort. Ausufernde Verbrauchswerte muss man nicht fürchten. Auf einer ersten Runde durch die Düsseldorfer Innenstadt genehmigte sich der Motor laut Bordcomputer unter acht Liter und auf der anschließenden Spritztour über die Autobahn stand sogar eine Sieben vor dem Komma.
Auch die Gesamtkosten gehen in Ordnung. Im Sachen Wartung und Wertverlust liegt er auf dem Niveau der Konkurrenz. Der Qashqai 1.6 dCi 4x4 kostet sogar ein paar Hunderter weniger als ein Ford Kuga und 1.300 Euro weniger als ein VW Touran. Bei gleicher Ausstattung summiert sich der Preisvorteil gegenüber dem VW auf fast 6.000 Euro. Alleine das dürfte scharfen Rechnern unter den Fuhrparkmanagern zu denken und dem Qashqai den fehlenden Schub im Geschäft mit den Gewerbekunden geben.
Die Varianten des Nissan Qashqai
Die Qual der Wahl hat der Qashqai-Interessent nicht: nur vier Motorisierungen bieten die Japaner, dazu allerdings Allrad oder Frontantrieb, Sechsgang-Handschaltung oder stufenlose Automatik. Sowohl der 1,2 Liter kleine Benziner mit 115 PS als auch der 1,5-Liter-Diesel mit 110 PS tun sich schwer mit dem gut 1,5 Tonnen schweren Qashqai. Will man einigermaßen zügig vorasnkommen, verlangen beide nach Drehzahl. Und das kostet Sprit.
Sehr viel souveräner ist man mit dem 130 PS starken Diesel und vor allem mit dem neuen, 163 PS starken 1,6-Liter-Benziner unterwegs. Das Turboaggregat schafft Euro 6, läuft angenehm leise und vibrationsarm und hat genügend Dampf, um dem SUV sogar eine kleine Prise Sportsgeist zu verpassen.
Die Extras für den Qashqai verpackt Nissan in vier Ausstattungslinien. Frei kombinierbar oder dazubuchbar sind die wenigsten Extras. Die Basislinie Visia empfiehlt sich nicht, aber die stärkeren Motoren sind sowieso erst ab der gut augestatteten Acenta-Linie erhältlich.