Nissan NV 250 L1 dCi 95 im Test Gemischte Gefühle

Nissan NV250 2020 Foto: Nissan 16 Bilder

Kleine Lieferfahrzeuge sollen vor allem praktisch sein. Da lohnt eine Neuentwicklung nicht für jeden Autohersteller. Nissan setzt beim neuen NV 250 jetzt auf eine seit zwölf Jahren bewährte Basis aus Frankreich.

Der Renault Kangoo erfreut sich schon seit Jahren großer Beliebtheit bei Fuhrparks aller Größen. Vom Handwerksbetrieb bis zur Post ist die aktuelle Generation schon herumgekommen. Noch in diesem Jahr kommt daher ein Nachfolger für das seit 2008 gebaute Auto auf den Markt. Doch damit verschwindet der aktuelle Kangoo noch nicht komplett: Nach Mercedes mit dem Citan setzt auch Nissan auf die bewährte Basis. Der NV250 ersetzt den NV 200, eine Nissan-eigene Entwicklung, den es künftig nur noch als Elektrotransporter gibt.

Nissan NV250 2020 Foto: Immanuel Schneeberger
Bitte nicht nachmachen: Fahrrad ungesichert verstauen. Aber im Notfall wäre der Fahrer durch den Käfig geschützt.

Unser Testwagen ist mit 4,28 Metern die Variante mit kurzem Radstand, auf Wunsch gibt es auch eine knapp 40 Zentimetern längere Version. Doch schon der kurze NV packt einiges weg. Sein 1,73 Meter langer Laderaum ist zwischen den Radkästen noch 1,21 Meter breit, das reicht für zwei Europaletten. Wer alleine unterwegs ist, kann den Beifahrersitz flach legen und so die Ladefläche auf 2,5 Meter verlängern. Dann empfehlen wir aber die Trennwand (280 Euro, alle Preise netto): Das massive Gitter schützt den Fahrer bei einer Vollbremsung vor der Ladung. Es lässt sich praktischerweise so klappen, dass rund um den Fahrersitz ein Käfig entsteht.

Nissan NV250 2020 Foto: Immanuel Schneeberger
Viel Kunststoff, übersichtliches Fahrerhaus.

Ansonsten gilt: Wer den Renault Kangoo kennt, kommt sofort klar. Das Nissan-Zeichen auf dem Lenkrad ist die einzige sichtbare Änderung des NV 250. Die Sitze sind für einen Transporter in Ordnung, etwas mehr Beinauflage und eine längere Lehne dürften es aber sein. Die Instrumente lassen sich gut ablesen, digitale Spielereien sucht man hier vergeblich. Immerhin bringt die 1.440 Euro teure Comfort-Ausstattung neben einem Radio auch eine Klimaanlage. Die Navigation für 630 Euro Aufpreis dagegen kann man sich getrost sparen. Ihr einziger Vorteil besteht im blickgünstig hoch montierten Bildschirm. Er steckt aber so tief in seiner Höhle, dass der Touchscreen kaum zu erreichen ist – und man ihn während der Fahrt kaum bedienen kann. Dieses Tomtom-System wirkt wie aus vergangenen Tagen, aktuelle Smartphone-Apps eignen sich für die tägliche Nutzung besser. Immerhin spielt das System ohne Mucken per Bluetooth Musik ab, auch eine Freisprecheinrichtung gibt es.

Schwache Geräuschdämmung, ordentliches Fahrwerk

Nissan NV250 2020 Foto: Nissan
Die unterschiedlich großen Flügeltüren sind praktischer als eine große, schwere Heckklappe.

Sie zu nutzen fällt allerdings schwer, denn der Wagen ist schlicht laut. Der ungedämmte Kastenaufbau neigt zu Resonanzen der deutlichen Rollgeräusche. Spätestens ab Tempo 120 kommen noch Windgeräusche dazu. Und der Motor arbeitet nicht gerade leise. Dafür genügen seine 95 PS im Alltag gut. Und schneller als 130 mag man wegen der Lärmentwicklung nur in Notfällen fahren. So bleibt der Verbrauch unter sieben Litern und damit auf akzeptabler Höhe. Konkurrenten mit moderneren Dieselmotoren sind einen Tick sparsamer.

Sechs Gänge sind Serie, das Getriebe lässt sich gut schalten und die Gangsprünge passen zur Motorisierung. In Verbindung mit der leichtgängigen Lenkung und dem schon leer recht komfortablen Fahrwerk fährt sich der NV 250 angenehm flüssig. In Kurven gefällt die verhältnismäßig geringe Seitenneigung, die Abstimmung ist auf große Fahrsicherheit ausgelegt. Spätestens mit Beladung liegt das Limit des Fahrers wohl unter dem des Transporters.

Stolze Preise, lange Garantie

Doch für den Fuhrparkleiter zählen auch noch andere Argumente. Als komplett neues Modell legt der Nissan die Preislatte erstaunlich hoch. Bei 18.490 Euro startet die Preisliste für den 80-PS-Diesel, unser empfehlenswerter 95-PS-Motor kostet 1.000 Euro mehr. Das verwundert etwas: Den Renault Kangoo gibt es mit identischer Motorisierung bereits für 18.050 Euro, und selbst der verfeinerte und bessere bremsende Mercedes Citan kostet mit 19.340 Euro etwas weniger als der neue Nissan.

Beide bekommen zudem demnächst einen deutlich moderneren Nachfolger, der allerdings nicht günstiger wird. Empfehlenswert beim NV 250 ist sicherlich die bereits erwähnte Comfort-Ausstattung mit Klima, Radio, Kunststoffboden im Laderaum und einigen weiteren Annehmlichkeiten. Und zum Ende kommt doch noch ein Vorteil des höheren Preises zu tragen: Nissan gewährt auf den NV 250 fünf Jahre Garantie. Alternativ ist das Ende bei 160.000 Kilometern erreicht. Renault und Mercedes hingegen bieten nur die üblichen zwei Jahre ohne Kilometerbeschränkung.

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