Sprachsteuerung Hersteller setzen auf Sprache

VW Sprachsteuerung 2023 Foto: VW

Die Möglichkeiten im Auto werden immer mannigfaltiger. Doch statt dafür auch immer mehr Knöpfe ins Cockpit zu schrauben, setzten die Hersteller zunehmend auf Touchscreens - und vor allem auf Sprachsteuerung. Siri, Alexa & Co haben es vorgemacht.

"Hey, fährst du mich nach Berlin ins `Hotel Hauptstadt`?" Wer heute ins Auto steigt, muss meist nicht mehr lange Fummeln, sondern spricht mit dem Navigationssystem wie mit einem Freund. Und mit ein bisschen Glück stellt der auch gleich die Wunschtemperatur ein, macht das Fenster auf oder zu und spielt die bevorzugte Musik – und das alles, ohne eine einzige Taste zu drücken. Denn der "Krieg der Knöpfe" im Auto ist längst vorbei und die Sprachsteuerung neben dem Touchscreen zu einem der wichtigsten Bediensysteme im Wagen aufgestiegen. Und weil der Funktionsumfang stetig steigt, insbesondere der von Infotainmentsystemen, haben Entwickler und Ergonomen die Sprache mittlerweile ganz nach oben auf ihre Agenda gesetzt.

Tasten bleiben vorerst, zumindest teilweise

Die Sprachsteuerung ist eines der Konzepte, mit dem wir auch komplexe Systeme im Fahrzeug einfach und unkompliziert bedienen können," heißt es beim Zulieferer Continental. Zwar kann es für die Spezialisten nie nur eine alleinige Lösung geben, weshalb sie auf absehbare Zeit auch ein paar Tasten noch die Treue halten. Doch mit deutlich verbesserter Technik und einem von den Smartphones veränderten Verhaltensmuster bei den Nutzern werde das gesprochene Wort im Fahrzeug in Zukunft deutlich mehr Gewicht bekommen.

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Dabei arbeitet die Branche zweigleisig: Zum einen haben die Hersteller ihre eigenen Sprachbediensysteme verständlicher gestaltet, das Vokabular vergrößert und die auswendig gelernten Befehle abgeschafft. Stattdessen ist der Fahrer mit dem Auto auf Du und Du und oft reicht schon der Hinweis !Mir ist kalt " oder "Ich habe Hunger" und der Wagen ändert das Klima oder schlägt naheliegende Restaurants vor.

Die Technik muss Vokabeln lernen

Die Zauberworte dafür heißen !natürlichsprachliche Eingabe": Als die Sprachsteuerung vor 25 Jahren ihren Einstand gab, konnte sie vielleicht 20 Vokabeln. Zehn Jahre später waren es 50.000 bis 70.000 und heute sind es mehrere Millionen. Deshalb muss sich bei solchen Systemen niemand mehr durch Kommandozeilen und Befehlsketten hangeln, sondern spricht einen vergleichsweise normalen Monolog und das Auto pickt sich die die entsprechenden Schlüsselworte heraus. "Nicht der Mensch, sondern die Technik muss Vokabeln lernen, wenn das System erfolgreich sein soll", sagt ein Entwickler. Die Intelligenz dafür steckt dann allerdings nicht mehr im Auto sondern auf den Servern und es braucht eine stabile Online-Verbindung für eine verständige Unterhaltung.

Externe Sprachsteuerungen werden zum Beifahrer

Parallel dazu integrieren die Autohersteller allerdings auch externe Sprachsteuerungen: So gibt es immer mehr Autos, in denen die Sprachassistenten von Google und Apple ihren Platz haben und Amazons Alexa zum digitalen Beifahrer wird. Dann kann man nicht nur Anrufe mit Sprachsteuerung tätigen, Navigationsziele eingeben oder Nachrichten diktieren, sondern daheim in seiner smarten Wohnung die Jalousien öffnen oder die Vorräte im Kühlschrank überprüfen kann.

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Dafür braucht es mittlerweile nicht einmal mehr Codeworte wie !Hey Mercedes" oder ähnliches. Weil Big Sister ständig mithört, schaltet sie sich automatisch ins Geplapper ein, wenn sie glaubt, ihren Senf dazu geben zu müssen. Und sie belässt es auch nicht mehr bei reinen Fahrzeugfunktionen: Wie Siri & Co beantwortet sie Fragen nach dem Wetter oder gibt Hinweise zu den Zielen und kann mittlerweile sogar Witze erzählen. Selbst vermeintlich spaßbefreite Ingenieure deutscher Autohersteller entwickeln dabei einen gewissen Humor. Wer "Hey Mercedes" fragt, was sie von BMW hält, bekommt ein kesses "offenbar das gleiche wie du, sonst säßen wir nicht hier" zu hören. Und wer seinem Sozius erschrecken will, kann sogar akkustisch den Schleudersitz aktivieren und die Sprachsteuerung startet brav den Countdown, den sie erst kurz vor der Zündung mit "War nur ein Spaß" wieder abbricht.

Mittelfristig erkennt das System die Stimmung des Fahrers

Das hat durchaus einen ernsten Hintersinn. Denn mittelfristig will die Sprachsteuerung auch Stimmungen erkennen und beeinflussen und macht zum Beispiel im chinesischen Ora Funky Cat damit den Anfang. Aus Wortwahl und Tonfall schließt die Elektronik dort auf die Gefühlslage und steuert mit entsprechend Musik, mit Klima und Beleuchtung und mit gezielter Ansprache im Zweifelsfall dagegen.

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Dass es von dort bis zum virtuellen Beifahrer nicht mehr weit ist, sieht man beim chinesischen Konkurrenten Nio, wo die Sprachsteuerung buchstäblich ein Gesicht bekommen hat: Statt nur aus dem Bildschirm zu plappern, thront deren digitaler Begleiter als Knubbel auf dem Armaturenbrett, blickt den Fahrer aus großen Glubschaugen an und übt sich damit in einer Disziplin, die Siri & Co bislang noch nicht beherrschen – der nonverbalen Kommunikation.