Die Preise an den öffentlichen Ladestationen sind so hoch wie nie. Doch wie kam es dazu, und sind Benziner und Diesel nun sogar billiger?
Mehr Nachfrage, teure Produktionskosten und hohe Einkaufspreise: Das sind nur ein paar Gründe dafür, warum die Strompreise in ganz Europa auf ein noch nie da gewesenes Niveau angestiegen sind. Die meisten Betreiber öffentlicher Ladesäulen haben reagiert und ihre Preise ebenfalls deutlich nach oben angepasst. Ohne einen gesonderten Tarifvertrag kostet die Kilowattstunde (kWh) bei EnBW jetzt 55 Cent. Bei Ionity werden zwar immer noch 79 Cent fällig, was ja schon teuer genug ist, doch der niederländische Anbieter Fastned hat seine Preise auf 69 Cent angehoben. In einer Erklärung des Unternehmens heißt es, dass es nach den letzten Entwicklungen nicht mehr anders gegangen sei, um das eigene Netzwerk weiterhin ausbauen und generell investieren zu können. Außerdem will das Unternehmen künftig schneller auf große Preisschwankungen reagieren. Ein Schritt, den Anbieter wie EnBW ausdrücklich nicht gehen wollen. Hier sollen die Preise durch langfristige Verträge möglichst stabil gehalten werden und für den Kunden somit verlässlicher bleiben.
Dennoch sind das nicht die einzigen Gründe für die Preisexplosionen an den Ladesäulen. Denn wie aus einem Bericht des Hamburger Energieversorgers Lichtblick hervorgeht, ist das Laden an öffentlichen Ladestationen im Schnitt um bis zu 140 Prozent teurer als das Laden zu Hause. Außerdem sei eine zunehmende Monopolbildung durch die großen Anbieter zu beobachten, die ihre regionalen Märkte klar beherrschen würden.
Doch warum ist der Strom an öffentlichen Stationen so viel teurer als an der Wallbox zu Hause? Die Anbieter erklären das damit, dass einfach noch zu wenige E-Autos auf den Straßen unterwegs seien und sich die teuren Ladesäulen derzeit sonst nicht rechnen würden. Auch das Bundeskartellamt sieht noch keine Hinweise, dass die Preise systematisch und flächendeckend überhöht seien. Allerdings müssen Kunden von Fremdunternehmen an konkurrierenden Ladesäulen laut Lichtblick Preisaufschläge von bis zu 300 Prozent hinnehmen, wodurch Preise von über 90 Cent und mehr pro Kilowattstunde aktuell keine Seltenheit mehr sind.
Wer also keinen gesonderten Tarifvertrag hat oder bei einem anderen Anbieter ist, der muss an den Ladesäulen gegebenenfalls ganz schön tief in die Tasche greifen. Und selbst wenn man sich fest für einen Anbieter entscheidet, sinken die Ladepreise zwar teils deutlich, allerdings kommen dann je nach Anbieter noch eine Grundgebühr und vereinzelt auch noch Roamingkosten dazu.
Ob überhaupt oder wann sich die Preise wieder sinken, kann derzeit niemand sagen. Doch auch laut Bundeskartellamt würde mehr Konkurrenz dem Wettbewerb auf jeden Fall nur guttun. Einen ersten Schritt dahin könnte die Bundesregierung mit dem staatlich geförderten Deutschlandnetz gehen. Denn das sieht zum einen rund 1.000 neue Schnellladestationen vor, vor allem aber eine Preisobergrenze von 44 Cent pro Kilowattstunde.
E-Auto oder vielleicht doch wieder der Diesel?
Bei so vielen verschiedenen Preisen fällt es schwer, den Überblick zu behalten. Und obwohl sich auch die Preise für Benzin und Diesel von einem Rekordhoch zum nächsten hangeln, stellt sich die Frage, ob Sprit tanken mittlerweile nicht wieder billiger sein könnte.
Hier lohnt sich ein Blick auf die Tarife: Ein VW ID.3 verbraucht rund 23 kWh/km. Bei dem geplanten Tarif von Deutschlandnetz (44 ct/kWh) würden 100 Kilometer also gut 10 Euro kosten. Mit dem Tarif von Ionity (79 ct/kWh) läge der Preis schon bei etwas über 18 Euro. Ein Preisunterschied von 79,5 Prozent. Wer zu Hause lädt und noch einen günstigen Stromtarif hat, kommt dagegen auf knapp 10 Euro.
Auf der Gegenseite verbraucht ein VW Golf Benziner auf derselben Strecke etwa 8 Liter. Anfang Februar kostete E10 teilweise bis zu 1,75 Euro. 100 Kilometer belasten das Budget also mit 14 Euro. Einen Golf 2.0 TDI kann man ohne Weiteres mit 6 Litern auf 100 Kilometer fahren. Bei einem Dieselpreis von 1,65 Euro käme man also nur auf 10 Euro an Kraftstoffkosten.