Chancen und Risken Darauf kommt es beim Einsatz von Dashcams an

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Chancen und Risiken beim Einsatz von Dashcams im Dienstwagen: Wie Schadenkosten gesenkt werden können und was Flottenbetreiber beachten sollten, um Bußgelder zu vermeiden. Die Fachanwälte Dr. Tom Petrick und Christian Becker der Kanzlei F.E.L.S. sowie Riskmanager Ralph Feldbauer geben Handlungsempfehlungen.

Dashcams können gute Dienste leisten. Wer sie zum Beispiel zur Unfallprävention nutzt, also ihre Aufzeichnungen für Coaching-Zwecke einsetzt, profitiert in vielerlei Hinsicht. Mithilfe von Aufzeichnungen aus kritischen Situationen oder vom Verhalten an gefährlichen Stellen können Fahrertrainer Fahrer gezielt nachschulen. Die Folge sind weniger Unfälle, Schadenskosten, Ärger und Verwaltungsaufwand.

Doch wo Licht ist, ist auch Schatten: Wer Dashcams einbaut, ohne den Einsatz vorher genau zu regeln, ohne seine Mitarbeiter mitzunehmen und ohne sich um den Datenschutz zu kümmern, der könnte sein blaues Wunder erleben. Denn Flottenbetreibern, die es mit diesen Punkten nicht so genau nehmen, drohen erhebliche Geldbußen, wenn ihr sorgloser und unbedachter Umgang mit den kleinen Kameras zur Anzeige gebracht wird – etwa durch unzufriedene oder ehemalige Mitarbeiter.

Den Einsatz von Dashcams genau prüfen

Das kann Dr. Tom Petrick bestätigen, Fachanwalt für Verkehrsrecht bei der Kanzlei F.E.L.S. in Bayreuth. Mit seinem Anwaltskollegen Christian Becker, Spezialist für Datenschutzrecht, ist er mit einem Bescheid der hessischen Datenschutzbehörde gegen einen Flottenbetreiber mit etwa 200 Transportern und Lkw konfrontiert, der in der Berichterstattung anonym bleibt. Die Anwälte führen für ihren Mandanten ein Klageverfahren vor dem zuständigen Verwaltungsgericht Wiesbaden. Bis die Sache geklärt ist, könnten noch Jahre vergehen. Petrick und Becker wissen, dass Klagen in Zusammenhang mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) schnell bis zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) gehen können.

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Dr. Tom Petrick, Fachanwalt, Kanzlei F.E.L.S.: „Der Einbau von Dashcams unterliegt rechtlichen Schwierigkeiten, die lösbar sind – Dashcams lassen sich gewinnbringend nutzen! “

Doch unabhängig davon, wie das Ganze ausgeht: Da die Behörden beim Einsatz von Kameras in Kraftfahrzeugen offenbar genau hinschauen, raten sie dringend dazu, auf Nummer sicher zu gehen, um am Ende keine böse Überraschung zu erleben. Über in Pkw eingesetzte Dashcams mit Baumarkt-Qualitäten habe es schon unzählige Urteile gegeben, berichten die Anwälte. Bei ihrem Fall geht es nun erstmals um den Einsatz eines der wenigen bisher im Güterkraftverkehr etablierten Systeme. Wird er vor Gericht verhandelt, wäre es ein Präzedenzfall mit Signalwirkung in der Branche.

Die Anwälte versuchen, alle Punkte hinreichend zu erklären und einen Bußgeldbescheid abzuwehren. Denn ein solcher Bescheid könnte für eine Spedition beziehungsweise einen Werkverkehr teuer werden. „Grundsätzlich bestimmt sich die Höhe eines Bußgelds nach der Schwere und Art des Verstoßes, bemessen wird es aber nach dem Jahresbruttoumsatz eines Unternehmens“, erläutert Rechtsanwalt Becker. „Maximal beläuft sich ein Bußgeld für den nicht rechtskonformen Einsatz von Dashcams auf vier Prozent des Brutto-Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres.“ Hat ein Unternehmen also zehn Millionen Euro umgesetzt, beträgt das Bußgeld 400.000 Euro. Das zahlt keiner aus der Portokasse.

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Christian Becker, Rechtsanwalt, Kanzlei F.E.L.S.: „Maximal beläuft sich ein Bußgeld für den nicht rechtskonformen Einsatz von Dashcams auf vier Prozent des Brutto-Jahresumsatzes des vergangenen Geschäftsjahres.“

Daher gilt es, entsprechend vorzubeugen. „Es ist kompliziert, aber alles lösbar“, sagt Anwalt Dr. Petrick, der Flottenbetreibern die Ängste nehmen möchte. Seine Kernbotschaft: „Wir gehen davon aus, dass sich Dashcams rechtskonform einbauen und gewinnbringend nutzen lassen.“ Es gelte dabei nur, einige Spielregeln zu beachten. Manche Unternehmen legten einfach hemdsärmelig los. Ein Vorgehen, das in dem Fall fatale Folgen haben kann.

Durchdacht statt überstürzt, lautet daher die Devise. Worauf kommt es also an, wenn ein Unternehmer seine Firmenflotte mit Dashcams ausrüsten möchte, um daraus Schlüsse zum Fahrverhalten zu ziehen und Ansätze für ein gezieltes Coaching zu bekommen? „Der Einsatz von Dashcam-Systemen muss bedacht und vor allem streng zweckbezogen erfolgen“, erläutert Fachanwalt Petrick. Ein Betreiber müsse sich verpflichtend intensiv damit auseinandersetzen, mit welcher Begründung er die Kameras einsetzen möchte und darauf achten, dass der Einsatz dieser Begründung entsprechend erfolgt.

Dashcam als Teil eines Riskmanagement-Konzepts

Was ein sinnvoller Zweck ist, liegt für Riskmanager Ralph Feldbauer, Geschäftsführer des Unternehmens Riskguard aus Nürnberg, auf der Hand. „Ein sinnvoller Zweck im Rahmen eines ganzheitlichen Riskmanagement-Konzepts zur Schadenprävention ist die Nutzung der Daten für Coaching-Zwecke“, erklärt er. In dem Fall wäre es möglich, dass die Kameras kritische Fahrsituationen aufzeichnen, die hinterher der Fahrertrainer für punktgenaue Coachings mit den betreffenden Fahrern nutzen kann.

Unbedingt auf den Datenschutz achten

Da nur der Fahrertrainer die Aufnahmen verwenden darf, wäre hiermit gleich der Einsatz der berechtigten Personen eingegrenzt. Auch das ist ein Punkt, der Voraussetzung für einen rechtskonformen Betrieb ist. Und zwei weitere Punkte sind unabdingbar: Datenschutzmanagement und Betriebsrat. Aufgrund der Komplexität des Themas Datenschutz – darunter fallen neben Persönlichkeitsrechten auch Punkte wie Dauer und Ort der Datenspeicherung – ist es laut der Kanzlei F.E.L.S. beim Einsatz von Dashcams essenziell, neben dem eigenen Datenschutzbeauftragten im Unternehmen noch einen externen zurate zu suchen, um auch dem Thema DSGVO umfassend Rechnung zu tragen.

Bleibt die Einbindung des Betriebsrats. Ohne die eigenen Leute mitzunehmen, gehe es nicht, betont Petrick. Doch auch bei diesem Punkt versucht er Unternehmen die Ängste zu nehmen. Mit etwas Fingerspitzengefühl ist die Arbeitnehmerseite dabei – hat sie doch selbst ein Interesse an einer sicheren Fahrweise, Prävention und Gesundheitsschutz. Seine Erfahrung sagt: „Mache ich es mit Gewalt, ist der Betriebsrat mein Gegner, mache ich es mit ihm gemeinsam, ist er gern dabei.“

Das klingt nach viel Arbeit. Doch der Aufwand, ein Dashcam-System sauber und sorgenfrei in Betrieb zu nehmen lohnt sich, da sind sich die Anwälte Becker und Petrick sowie Riskmanager Feldbauer einig. Bestätigt sehen sie sich durch Erkenntnisse aus Fuhrparks mit Dashcam-Pilotprojekten.

Besser mit Gefahrensituationen umgehen lernen

Die festgestellten Auffälligkeiten hätten sich im Coaching-Zeitraum um 75 Prozent (von 318 auf 79) reduziert, sagt der Prokurist einer Spedition, die in dem Zusammenhang ungenannt bleibt. „Die Dashcam-Technologie in Verbindung mit dem aktiven Coaching ist für uns eine große Innovation. Dieses Konzept hilft uns, dass unsere Fahrer sicherer auf den Straßen unterwegs sind“, erklärt der Prokurist. Das zeigt für ihn das Potenzial dieser digitalen Begleiter. Für ihn sind sie kein Fluch, sondern ein Segen.

Gutachten gibt Lösungsansätze

Welche Anforderungen und welche Lösungsansätze es bei einem rechtskonformen Einsatz von Dashcams gibt, hat die Kanzlei F.E.L.S. in einem Gutachten festgehalten. Es ist gegen eine Schutzgebühr von 190 Euro (netto) bei der Kanzlei erhältlich. Im Preis inklusive ist eine anwaltliche Erstberatung. E-Mail: ra.becker@fels-legal.de

Checkbox

Diese vier Punkte sind unbedingt zu beachten:

  1. konkrete Zwecke festlegen!
  2. Abläufe an diesen Zwecken ausrichten!
  3. Datenschutzfolgeabschätzung durchführen!
  4. Datenschutz- und Riskmanagement beachten!

„Vor dem Schaden reagieren“

Ralph Feldbauer ist Geschäftsführer des Unternehmens Riskguard und seit vielen Jahren als Riskmanager Ansprechpartner von namhaften Flottenbetreibern. Gegenüber der Fachzeitschrift trans aktuell spricht er über den Nutzen von Dashcams beim Coaching und bei der Unfallprävention.

trans aktuell: Herr Feldbauer, welchen Nutzen können Dashcam-Systeme an Bord stiften?

Feldbauer: Bisher arbeitet man vorrangig aus der Retrospektive, also nach eingetretenen Unfallschäden und bereits entstanden Kosten. Dank Dashcams ist es möglich, über einen fundierten Coachingansatz nun auch prospektiv zu arbeiten, also ohne, dass es erst zu einem Schaden kommt.

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Riskmanager Ralph Feldbauer, Geschäftsführer des Unternehmens Riskguard aus Nürnberg: „Ein sinnvoller Zweck im Rahmen eines ganzheitlichen Riskmanagement-Konzepts zur Schadenprävention ist die Nutzung der Daten für Coaching-Zwecke.“

Mithilfe dieser Systeme können Fahrertrainer Fahrer gezielt und punktgenau zu kritischen Fahrsituationen und Beinahe-Unfällen coachen. Wir können präventiv arbeiten, um Unfällen vorzubeugen. Mit diesem Tool lassen sich also zeitgemäß und digital Schäden verhindern und folglich auch Schadenszahlungen verringern.

Klingt nach einem Quantensprung in Sachen Fahrerschulung ...

Absolut, wir stehen am Vorabend einer technologischen Revolution, die auch beim Riskmanagement nicht Halt macht und durch Situationen aus dem realen Fahrbetrieb deutlich verbesserte Konzepte ermöglicht. Daher sehe ich Dashcams in der Grundsatzausrichtung durchaus sehr positiv. Damit lässt sich die Zahl der klassischen Schulungen nach dem Gießkannenprinzip für alle Fahrer – teilweise an Samstagen – reduzieren und die Qualität deutlich erhöhen.

Haben sich solche Systeme denn bereits etabliert?

Einige Unternehmen setzen bereits Dashcams ein, etabliert würde ich den Einsatz aber noch nicht nennen. Das liegt vielleicht auch daran, dass der Einsatz rechtliche Fallstricke hat und viele Unternehmen einen hohen Respekt vor der Einführung, der Fahrersicht und letztlich auch vor drohenden Bußgeldern haben. Meinen Mandanten rate ich grundsätzlich vor Einführung von Dashcams, das eigene Riskmanagement zu beachten. Dazu gehört auch, dass die Rechtskonformität vor Einführung – auch schon vor dem ersten Einbau auch nur einer Testkamera – sicherzustellen ist. Ist das nicht der Fall, begleite ich persönlich keine Projekte dazu.