40 Jahre Fiat Panda Die tolle Kiste

Fiat Panda Foto: Fiat 12 Bilder

So minimalistisch wie möglich und so komplett wie nötig: Der 1980 vorgestellte Fiat Panda führte die Kunst des Verzichts im Kleinwagen zum Millionenerfolg. Zum gefeierten Kultauto avancierte der von Stardesigner Giugiaro kubisch gezeichnete Cityflitzer via Werbung.

Heute ist der Kleine in freier Straßen-Wildbahn vom Aussterben bedroht, so wie sein Namensgeber in Asien, der große Panda Bär. Damit erschöpfen sich aber auch schon die Gemeinsamkeiten des Anfang 1980 vorgestellten und weit über vier Millionen Mal verkauften ersten Fiat Panda mit den so beliebten knopfäugigen Bären. Fast ein Vierteljahrhundert lang dauerte die Karriere des von Stardesigner Giorgetto Giugiaro in kubische Form gebrachten und dann als "Tolle Kiste" gefeierten italienischen Kleinstwagens. Wie zuvor Citroen 2CV "Ente" oder Renault 4 zelebrierte der puristische Fiat Panda die Kunst des Minimalismus in Ausstattung und Motorisierung, verzichtete jedoch nicht auf den für italienische Automobile typischen Faktor Fahrspaß. Genau diesen boten schließlich alle bezahlbaren Fiat-Kleinwagen, vom witzigen Topolino aus den 1930er Jahren bis zum winzigen Fiat 126 aus den 1970ern, dessen Zweizylinder-Benziner auch als Basismotor im 650 Kilogramm leichten und 3,38 Meter kurzen Panda eingesetzt wurde. Richtig flott wurde der Panda aber erst mit Vierzylindern, wie sie in Deutschland ausschließlich angeboten wurden. Überhaupt spielte Germania als wichtigster Fiat-Exportmarkt eine entscheidende Rolle im Leben des Panda. Hier sollte der in geraden Linien gezeichnete und auch im Interieur nackte Blechflächen zeigende Kasten die Fiat-Verkaufszahlen aus einem Tal der Tränen zurück auf neue Gipfel führen, denn der Turiner Konzern hatte seine Vormachtstellung an Franzosen verloren. Eine Mission, für die das Marketing freche Sprüche kreierte, die Legende wurden – so wie der Panda 4x4, der mit Allradantrieb von Steyr-Puch als damals kleinster Kletterkünstler Geschichte schrieb.

"Steyrpuchnochamoi!" meckerte die alte Gemse. "Seit es dieses Auto gibt, kann man nicht mal mehr in Ruhe die Eier ausbrüten" – pries die Fiat-Werbung 1983 die alpine "Allradkiste" Panda 4x4 an, nicht ohne Zusatzinfo "Jodeln und Schuhplatteln kann er noch nicht". Eine blödelnde Werbung, die sich wie der Panda um keinerlei Konventionen kümmerte. Dessen fünf simple Sitze auf Stahlgestell waren vielfach verstellbar, etwa als Babywiege oder Doppelbett, wie ein Werbeplakat humorig erläuterte: "Es kam der Abend, wo er ihr zeigen wollte, womit sein Vater jede Menge Kies machte. Sie jedoch wollte endlich wissen, wie die umklappbare Rückbank funktionierte." Ganz auf die Ölkrisen und die Ökobewegung der frühen 1980er Jahre zielten die Kampagnen "Neues aus der Gen-Technik: Die Kreuzung zwischen Sparschwein und Ottomotor ist gelungen!" und "Gesucht, Fahrer, die den Club of Rome nicht für eine neue, heiße Disco halten". Am Ende schaffte es das Panda-Marketing mit einer Steuerspar-Werbung sogar in eine Bundestags-Debatte über Finanzpolitik. Vor allem fanden die Deutschen zunehmend mehr Spaß daran, Fiat Panda zu fahren: "Das italienische Auto, das mehr Konservierungsmittel enthält als eine deutsche Currywurst".

Fiat Panda Foto: Fiat
Als einer der wenigen Kleinwagen kann der Panda ins Gelände.

Was den lässig verarbeiteten Fiat nicht vor frühzeitigem Rosttod schützte, aber in den Zulassungszahlen abheben ließ. Anfangs unverstanden wie einst die Minimalismus-Avantgardisten Citroen 2CV und Renault 4 avancierte der provozierend beworbene Panda in seinem zweiten Jahr zum populärsten europäischen Minicar der 3,50 Meter-Klasse. Gegen den Fiat waren die Kontrahenten von Citroen (LNA) oder Talbot (Samba) sowie alle in Europa antretenden japanischen Kei-Car-Spezialisten chancenlos; der hierzulande meist mit agilem 45 PS Motörchen bestellte Panda machte den Turiner Konzern wieder zur wichtigsten Macht im Kleinstwagensegment. Für Fiat genau rechtzeitig, um in Italien die Folgen der bleiernen Zeit der 1970er mit endlosen Arbeitskämpfen abzuschütteln und die Kasse zu füllen für ein Revirement des gesamten Modellprogramms. Heute unvorstellbar, aber damals gelang so etwas mit einer billigen Blechbüchse namens Panda.

Fiat Panda Foto: autodrom
Vom Seat Panda gibt es auch eine Papamobil-Variante.

Pomp und Prestige war gestern, verhieß der Panda und tatsächlich nutzte sogar der Papst das Image dieses auch von Autohassern gefahrenen Protestvehikels. Bei seinem Besuch in Spanien vertraute Johannes Paul II. im Jahr 1982 auf die Dienste eines zum Papamobil transferierten Panda – allerdings mit Seat-Logo. Schließlich fertigte die iberische Marke Fiats tolle Kiste in Lizenz, ab 1985 jedoch als facegelifteten Seat Marbella. Auch als Strandwagen zeigte der Seat an der Costa Brava Kante. Alle andere Panda-Spezialitäten waren italienischer Provenienz, schließlich galt der Turiner Automobilsalon als wichtigste Bühne für Designexperimente. So debütierte dort 1980 ein von Giugiaro entworfener Panda Jagdwagen, vier Jahre später dann der Fiat Gobi aus der Carrozzeria Maggiora und 1991 das Beachcar Panda Destriero als Accessoire zu einer Hochseeyacht, die das berühmte "Blaue Band" für die schnellste Atlantiküberquerung erobern sollte.

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Äußerlich blieb der Panda sich lange treu.

Bis 2003 blieb der Original-Panda in Produktion, bis dahin genügte geringe Gesichtskosmetik durch einen Plastikgrill (1984), das aufgefrischte Fahrwerk mit Schraubenfedern (1986) und regelmäßig aktualisierte Motoren. Dazu zählten ein effizienter 1,3-Liter-Diesel, wie er in Italien damals noch steuerlich privilegiert war, und seit 1990 auch eine batterieelektrische Version mit bis zu 70 Kilometern Reichweite, die als Kommunalfahrzeug Achtungserfolge erzielte. Nicht zu vergessen der Kastenwagen Panda Van und zahllose Sondermodelle vom Panda Adria über Garda bis zu Ponte und Primavera mit zwei Sonnen-Faltdächern. Bis heute besonders beliebt in Italien ist der Allrad-Panda, dessen Auftritt bei der berühmt-berüchtigten Rallye Paris-Dakar einst sogar Gelände-Urgesteine beeindruckte.

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Die zweite Generation kommt rundlicher daher.

Vollkommen neu präsentierte sich dann die zweite Panda-Generation: Fünftürig und in Polen gebaut, debütierte sie auf dem Genfer Autosalon 2003 unter dem Namen Gingo. Rechtzeitig vor Serienstart mutierte der auf 3,54 Meter Länge gewachsene Gingo aber doch zum Nuova Panda und tatsächlich war die Nutzung des Kult-Namens ein cleverer Zug. Sympathisch, praktisch und preiswert wie der Vorgänger platzierte sich der Nuova Panda während der ganzen gut achtjährigen Produktionszeit auf Platz eins seines Segments in Europa. Das Konzept dieses Kleinwagens sorgte sogar in Fernost für so viel Furore, dass der chinesische Hersteller Great Wall den Panda-Klon Peri präsentierte und nicht einmal vor einem Europa-Vertrieb zurückschreckte. Erst nach jahrelangem Rechtsstreit konnte der Panda sein Revier vom Nebenbuhler Peri befreien. Eine andere Alleinstellung besetzte der kleine Fiat als erstes Minicar mit Erdgas-Antrieb und platzsparend positioniertem Unterflurtank.

Seit 2007 muss sich der Panda die Rolle des kleinen Superstars im Fiat-Programm mit dem charismatischen Retrotyp 500 teilen. Trotzdem feierte Fiat den 2011 vorgestellten dritten Panda beim Pressedebüt als "Gesicht der Marke". Vielleicht kommt er deshalb wieder aus einem Werk in Bella Italia. Seine simple, puristische Anmutung hat der Panda jedenfalls bewahrt, beste Voraussetzung für das Bärchen, um die Fusion von FCA Fiat Chrysler mit dem PSA-Konzern zu überleben.