Audi A4 Avant, BMW 3er Touring, Mercedes C-Klasse Der große Kombi-Test

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Vergleichtest Diesel-Kombis: Audi A4, BMW 3er, Mercedes C-Klasse - wer fährt am besten, wer packt am meisten und welcher ist der beste Geschäftswagen?

Es gehört zu den gehobeneren Privilegien, zwischen diesen drei Premium-Kandidaten wählen zu können. Immerhin kosten die über 250 PS starken ­Diesel-Kombis schon mit den wichtigsten Extras locker über 65.000 Euro und zielen deshalb eher auf Mitarbeiter in leitenden Funktionen. Doch der Preis alleine sagt gar nichts aus über Qualität, Technik und Charakter. Denn hier tritt ein Vierzylinder gegen zwei Diesel mit sechs Zylindern an.

Also ab zur Probefahrt mit Audi A4 Avant 50 TDI Quattro, BMW 330d Touring xDrive und Mercedes C 300 d T-Modell. Das sieht nach Ziellinie aus, kann aber auch richtig bitter werden, wenn das Wunschmodell dann ganz anders fährt als gedacht.

C-Klasse mit einem Hauch S-Klasse

Völlig ausschließen lässt sich das bei der neuen C-Klasse nicht. Denn wenn du damit vom Hof rollst und an der sechsten Ampel noch immer nach grobmotorischem Fahrschüler aussiehst, entwickelt sich das hyper­nervöse Bremspedal zum Nervtöter. Der geschmeidige Umgang damit erfordert Übung, klappt erst nach einigen Tagen zuverlässig. Erst dann geht der sensible Bewegungsablauf in die Gewohnheit über.

Zum Glück, sonst würden sich wohl Selbstzweifel einstellen. Denn wie plausibel scheint es, dass ein Ingenieurstrupp das Pedalgefühl völlig vergeigt, wenn der Federungskomfort mit den optionalen Adaptivdämpfern so offensichtlich überragt? Unebenheiten spürt man zwar speziell bei Stadttempo bis in die Sitze, aber nur weich. Und mit höherem Tempo wird immer noch beeindruckender, was das Fahrwerk alles wegbügelt.

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Die C-Klasse mit einem Hauch S-Klasse.

Der Komfort geht schon los, wenn du deinen Kram ohne Verrenkungen verstaust, weil die in der Mitte geteilte Armlehne kompakt zu den Seiten öffnet. Dazu die Ambientelichter, die sogar die fein einstellbaren Luftausströmer ausleuchten und die Farbe wechseln, wenn du daran drehst. Griffgünstig sitzt unter dem Startknopf ein weiterer Schalter für die oft überambitionierte Start-Stopp-Automatik. Alternativ können mit einem Klick die Individualoptionen der letzten Fahrt bestätigt werden. Nicht so bequem: Hinter den Lenkradspeichen drücken die Schaltwippen leicht gegen die Fingerkuppen.

Wo die Fahrt hingeht, lässt sich locker mit der Infotainment-Frau bequatschen. Die spielt auch ab, wie der Fuchs macht, schaut Einwohnerzahlen bei Wikipedia nach oder erzählt Witze: "Was essen Autos am liebsten? – Parkplätzchen." Die lassen sich mit den großen und selbst nachts klaren Kamerabildern leicht ansteuern. Noch einfacher wird es mit Parksensor­-Visualisierung im Head-up-Display und per Hinterachslenkung reduziertem Wendekreis. Wie bei BMW gilt: Wenn es sich besonders nett und clever anhört, dann kostet es auch extra – ja, sogar die Parkpiepser.

Den Innenraum-Look und die Bedienung prägt der große Touchscreen aus der S-Klasse. Statt OLED- steckt im C darin Flüssigkristalltechnik, die trotzdem eine brillante Darstellung erreicht. Einzig die nicht optimale Apple-Carplay-Skalierung nimmt der Schrift darin leicht die Schärfe.

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In der C-Klasse ist Innenraum-Look und Bedienung wie in der S-Klasse.

Doch wegen der niedrigen Positionierung rückt der Blick so weit nach unten, dass die Straße fast ganz aus dem Sichtfeld rutscht. Dafür kann der Arm beim Touchen bequem und stabilisierend abgestützt werden. Die nötige Bedienpräzision für die kleinen ­Grafik-Buttons des blauen Klima- und Audiomenüs bleibt aber hoch. Das stört besonders, weil es abseits der Sprachsteuerung keine dauerhaft erreichbare Alter­native für die Liederwahl gibt.

Leichter klappt es mit großen Symbolen im Haupt- und Favoritenmenü, die über Lenkradtasten erreichbar sind. Das hilft ungemein, denn so geht’s mit wenig Toucherei meist zügig ans Ziel im gut sortierten System. Dagegen verpufft das Potenzial der Steuerung per Lenkrad, weil dafür kein Steuerkreuz, sondern ein rückmeldungsloses und oft unpräzises Mini-Touchpad zum Einsatz kommt, was die Dauer des Blicks auf den Monitor im Zweifel sogar erhöht.

Dem Wagen fehlt die eigentlich erhältliche Fernent­riegelung für die im Testfeld gemütlichste Rückbank mit der größten Beinfreiheit. Das Kofferraumrollo passt nicht unter den Ladeboden, dafür liegt dort in einer Aussparung eine Klappbox. Wie die anderen schluckt der Mercedes rund 500 Liter Gepäck, und die Heckklappe öffnet serienmäßig auf Knopfdruck.

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Wie bei den Rivalen elektrifiziert ein 48-Volt-System die C-Klasse, die selbst in der künftigen AMG-Version nur noch mit Vierzylindern antritt. Über eine ordentliche Laufkultur kommt der 300 d so nicht hinaus, doch obwohl ihm 21 PS und bis zu 100 Nm auf die Sechszylinder-Rivalen fehlen, sprintet er mit ihnen auf Augenhöhe. Die beiden aufgeweckten Turbos mit variabler Turbinengeometrie pressen 265 PS aus 1993 cm3, und der Motor verbraucht mit 6,9 l/100 km am wenigsten (BMW: 7,2 l, Audi: 7,8 l).

Aus dem Drehzahlkeller schiebt er souverän ohne Schaltvorgänge der Neungangautomatik an. Beim Ausrollen vor einer Ampel kommt es mitunter zu minimalen Rucken. Die verleiten den Fahrer, den Fuß leicht zu bewegen, was bei der Bremspedalabstimmung genügt, um die Bremsung ordentlich zu verstärken. Wie gesagt: Das kriegt man unter Kontrolle. Beim Fahren zeigt der C einen gekonnten Mix aus Tempo und Gelassenheit. Auf Dynamiker macht der etwas intensiver wankende 300 d nie. Außerdem gibt es diesen Motor weder mit Allradantrieb noch Sperrdifferenzial. Dafür passt die Komfortlenkung super. Sie filtert Straßenschäden effizient und gibt gleichzeitig wichtige Infos über den Straßenzustand deutlich weiter. Ein Sport-ESP lässt sich im Assistenzmenü aktivieren, das sich jedoch oft als Spielverderber erweist – etwa auf einem Flickenteppich in spitzen Kurven.

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BMW-DNA plus Topdiesel

Ganz anders der 330d Touring mit M-Sportpaket, der in solchen Situationen das Heck leicht raushängt, den Aufbau per Adaptivdämpfern stramm hält und sich per xDrive sicher und wuchtig rauszieht. Die Lenkung versteht sich als Berichterstatterin mit Detailanspruch, lenkt aus der Mittellage spitz an, erlaubt sich ver­einzelt aber auch mal etwas Synthetik im Lenkgefühl.

Der Allradantrieb setzt auf leichte Fahrbarkeit mit spürbarer BMW-Auslegung, aber trotz optionalem Sportdifferenzial nur einem Schuss M. M heißt in diesem Fall etwas weniger Nachgiebigkeit im Fahrwerk, aber hart federt der BMW nicht, und Rumpelei liegt ihm fern. Allerdings rollt der Audi etwas weicher ab. Überall top sind die Sitze, im BMW sogar mit einstellbaren Lehnenwangen.

Ganz egal, wo und mit welchem Tempo: Der Reihensechser des BMW liefert Freude und Komfort mit grandioser Reaktionsstärke und Elastizität sowie richtig Dampf (650 Nm, 286 PS) plus elektronisch dezent verfeinertem Klang. Die Start-Stopp-Automatik kann man mangels Knopf nicht deaktivieren. Es sei denn, der Fahrer schaltet in den Sport-Getriebemodus, was auch die Gaspedalkennlinie ändert. Unser Tipp: im Individualmodus sportliche Gasannahme einstellen und mit der weichen Dämpferstellung kombinieren.

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Der Reihensechser des BMW liefert Freude und Komfort mit grandioser Reaktionsstärke und Elastizität sowie richtig Dampf.

Dagegen vereint die Achtgangautomatik alle denkbaren Positiveigenschaften. Sie reagiert geschmeidig, schnell und auf Schaltwippenbefehle willig, selbst bei mehreren Klicks in Folge. Als Einziger im Test verrät der Digitaltacho des BMW den eingelegten Gang im D-Modus nicht.

Der 330d überragt hier nicht nur beim Handling, sondern auch mit griffigen Rollo- und Netzmodulen, die unter den Kofferraumboden passen. Dazu hat er eine aufschwingende Heckscheibe, ein System zur Gepäckstabilisierung und Fernentriegelungen.

Vor allem hat er als BMW das Referenz-Bedien­konzept, was auch für die Spracheingabe gilt, mit der vieles geht, was die anderen nicht können: Öltemperatur ansagen lassen, Head-up-Display steuern oder Klangeinstellungen aufrufen. Auf acht Favoritentasten können die meisten Funktionen abgelegt werden. Dazu kommen der Drehdrücker plus Direktwahltasten und eine gute Lenkradsteuerung. Ach so, Witze kennt die BMW-Lady auch: "Was ist ein Keks unter einem Baum? Ein Schattenplätzchen."

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Starker Audi A4 mit Turbosorgen

2015 kam der Avant auf den Markt, vier Jahre später umfangreich unters Messer. Gesprächiger sind die anderen, Navi-Ziele und Radiosender versteht er dennoch gut und hat im Test die beste Klimasteuerung, ein großer Bedienvorteil im Vergleich mit den Doppel-Touchscreen-Audi. Im A4 gibt es nur einen hoch positionierten Screen mit Individualisierungsmöglichkeiten für die Direktwahlleiste und das Hauptmenü. Allerdings lassen sich manche Elemente nicht auf der ersten Menü-Ebene ablegen, wo sie eigentlich hin­gehören. Dafür gibt es einen kippbaren Lautstärkeregler für die Liederwahl und wie bei BMW einen Drehregler für die Cockpitbeleuchtung (Mercedes: sieben Bedienschritte am Touchscreen). Zudem hat der A4 die leichteste Spurhalterbedienung per Taste am Blinkerhebel, aber leider keinen Drehdrücker.

So weit, so anständig. Nur, wie sieht es mit dem V6-Diesel aus, der im A6 50 TDI mit enormer Anfahrschwäche auffiel? Hier spricht er erheblich besser an, bleibt aber so zögerlich, dass man von der schnellsten Start-Stopp-Automatik hier nicht profitiert. Besser klappt es, wenn du leicht Gas anlegst, dem Turbo so auf die Sprünge hilfst und dann berechenbar Leistung abrufen kannst.

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Die Reaktionsstärke der Konkurrenten erreicht der Audi aber nicht ansatzweise.

Die Reaktionsstärke der Konkurrenten erreicht der Audi aber nicht ansatzweise, schon gar nicht die des BMW. Per manueller Launch Control liefert er dafür Top-Beschleunigungswerte, und auf der Autobahn fallen die Defizite kaum ins Gewicht. Dort rennt er sogar bis zu 267 (3 km/h Tacho­abweichung bei 180). Wie alle hier bremst er heftig, auch die optionale Sport­lenkung arbeitet ordentlich. Über Land drückt der V6 den Fahrspaß ebenso, weil es selbst bei hohen Drehzahlen am Kurvenausgang nie sofort richtig abgeht. So lässt sich das Sportdifferenzial per Gaspedal kaum auskosten, obwohl es in forsch gefahrenen Kurven mit dem adaptiven Sportfahrwerk durchaus Fahrspaß bereitet. Das geschmeidigste Getriebe der Gruppe verweigert häufig Runterschaltbefehle oder setzt sie verzögert um. Abseits der Sportfahrerei hat das keine Auswirkung, zudem klappt das Zwischenbeschleunigen auf »D« sehr gut, weil die Achtgangautomatik den Gang hält.

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Im Alltag überzeugt das Audi-Matrixlicht mit zuverlässigem Adaptiv-Dauerfernlicht und Dimmfunktion für Schilder. Der Mercedes wirft in Baustellen zusätzlich ein Baggerbild und anschließend ein Spurlicht auf die Fahrbahn, der BMW leuchtet mit Lasertechnik in die Ferne.

Beides vermisst man im A4 weniger als ein zusätzliches Fach unter dem Lade­boden, denn dort wohnt die 48-Volt-Hardware. Außerdem geht es im Fond etwas enger zu. Fernentriegelung, Sonnenschutzrollos und eine elektrisch betätigte Ladeabdeckung hat er hingegen.

Wer überwiegend auf der Autobahn fährt und richtig Kilometer schrubbt, kann also durchaus zum Audi greifen. Doch wer weitergehende Qualitäten im Geschäftswagen schätzt, einen bärigen Motor oder eine feinfühlig komfortable Federung, der wird in der starken Dieselklasse viel eher den BMW oder Mercedes wählen. Und zu guter Letzt spart der Verzicht auf zwei Zylinder beim Mercedes noch ein paar Euro, was mit Blick auf die Dienstwagensteuer auch ein schlagendes Argument sein kann.

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