Firmenwagensteuer Höhere Steuer auf Privatnutzung?

Mercedes V-Klasse und Familie Foto: Daimler AG

Klimaschützer wollen mit einer höheren Dienstwagensteuer auf konventionelle Antriebe den Absatz von E-Autos ankurbeln. Doch das stößt auf Widerstand.

Kaum hatte der Bundestag die seit Januar gültige Steuervergünstigung für privat genutzte Elektrodienstwagen beschlossen, meldet sich die Umweltorganisation Agora Verkehrswende zu Wort. Das Anreizsystem für klimafreundliche Firmenautos lasse sich deutlich verbessern, und andere Länder in Europa machten bereits vor, wie das gehe, so das Fazit einer von ihr in Auftrag gegebenen Studie.

Agora-Direktor Christian Hochfeld bescheinigt der neuen Dienstwagenbesteuerung zwar Signalwirkung. "Wir bedauern allerdings, dass bei der Reform die Potenziale für den Klimaschutz nicht voll ausgeschöpft wurden", sagt er. "Es wäre konsequent, nur echte Nullemissionsfahrzeuge steuerlich zu begünstigen. In den Niederlanden und in Norwegen wird die private Nutzung aller Dienstfahrzeuge, die mehr als null Gramm CO2 emittieren, bereits deutlich höher besteuert."

Bei konventionellen Fahrzeugen oder Plug-in Hybriden wird in den Niederlanden ein zu versteuernder geldwerter Vorteil von 22 Prozent des Steuerwerts zugrunde gelegt, bei E- und Brennstoffzellenautos reduziert sich der Anteil auf 4 Prozent des Steuerwerts. Aber auch bei Pkw, die rein elektrisch unterwegs sind, langt der Staat zu, wenn sie mehr als 50.000 Euro gekostet haben. Nur Arbeitnehmer, die weniger als 500 Kilometer pro Jahr privat fahren, sind von der Dienstwagensteuer befreit.

Die Privatnutzung in Norwegen ist viermal so teuer wie in Deutschland

In Norwegen hängt die Berechnung des geldwerten Vorteils für die private Dienstwagennutzung vom Fahrzeugpreis und von der Kraftstoffart ab. Kostet ein Pkw bis zu umgerechnet etwa 31.700 Euro, müssen pro Jahr 30 Prozent des Listenpreises geltend gemacht werden, liegt der Preis darüber, werden für den restlichen Betrag 20 Prozent hinzugerechnet. Oder anders gerechnet: Pro Monat müssen die Fahrer von Firmenwagen für ihre privaten Kilometer mehr als vier Prozent des Fahrzeugpreises versteuern. Bei batterieelektrischen und Brennstoffzellenfahrzeugen wird ein um 40 Prozent reduzierter Listenpreis zugrunde gelegt.

Nissan Leaf 2013 Foto: Nissan
Wer in Norwegen ein E-Auto als Firmenwagen fällt, muss für die privaten Fahrten sehr viel weniger Steuern zahlen als Fahrer von Diesel oder Benzinern.

Bereits 2002 hatte Großbritannien die Besteuerung von Dienstwagen zur privaten Nutzung reformiert und auf CO2-Emissionen abgestellt. Bei Fahrzeugen ohne CO2-Ausstoß werden im Steuerjahr 2018/2019 beispielsweise 13 Prozent des Listenpreises für die Berechnung zugrunde gelegt, bei Fahrzeugen mit höheren Emissionen steigt der Satz bis auf 37 Prozent. Dieser Höchstsatz wird in den kommenden Jahren auch auf ­Fahrzeuge mit niedrigeren CO2-Emissionen angewendet; für Dieselfahrzeuge gilt ohnehin ein erhöhter Betrag.

Dass steuerliche Maßnahmen den Umweltschutz wirkungsvoll unterstützen können, ist auch für den Bundesverband Fuhrparkmanagement selbstverständlich. Damit hören die Gemeinsamkeiten mit Agora Verkehrswende aber auch schon auf. "Die Studie ist geprägt durch eine extrem eingeengte und zudem faktisch falsche Sicht auf die Realität", sagt Vorstandsvorsitzender Marc-Oliver Prinzing. Den Vergleich mit anderen europäischen Steuersystemen kritisiert er als einen von Äpfeln mit Birnen, spricht von "Strafsteuern" und findet die Idee, Elektromobilität durch eine Verteuerung aller anderen Antriebsarten attraktiv zu machen, planwirtschaftlich. Nicht höhere Kosten für Verbrenner, sondern attraktive alternative Antriebe seien notwendig, um die CO2-Emissionen zu reduzieren.

Gleichzeitig stößt sich Prinzing daran, dass die Autoren der Studie Erkenntnisse aus dem Privatkundensektor unreflektiert auf gewerbliche Fahrzeuge übertragen. "Entscheider und Investoren sind im Falle von Dienstwagen eben nicht die Nutzer, sondern die Unternehmen." Die Gesamtkosten zählen, also die Total Cost of Ownership. Der Kaufpreis allein spiele für die Kaufentscheidung kaum eine Rolle, weist Prinzing die Klimaschützer zurecht. Die verlangen in ihrer Studie "CO2-Minderung bei Pkw – die Rolle der Steuer­politik" eine deutlich höhere Besteuerung beim Autokauf.

Kann eine Reform der Kfz-Steuer das Klima retten?

Sie sehen außerdem eine grundsätzliche Reform der Kfz-Steuer als unerlässlich an. So fordern sie, die CO2-Komponente stärker zu gewichten als den Hubraum. Die Fuhrparkvertreter ihrerseits finden, dass bereits die beschränkte Betrachtung der steuerlichen Belastung auf den geldwerten Vorteil ein völlig falsches Bild ergebe. Der Unternehmer als Halter eines Firmenwagens trage bis auf die Mehrwertsteuer dieselben steuerlichen Abgaben wie ein privater Nutzer. "In Summe muss das Fahrzeug und nicht der Nutzer im Mittelpunkt stehen", sagt Prinzing.

ein E-Auto als Firmenwagen Foto: firmenauto
Steuern und Boni.

Er kritisiert auch die geforderte Abschaffung der Steuervergünstigungen für Dieselfahrzeuge aus Klimagründen. In der Summe seien Diesel energieeffizienter als Benziner. Agora schlägt vor, sich an Großbritannien zu orientieren und die Entfernungspauschale zu reformieren. In der jetzigen Form fördere sie den Trend zu langen Arbeitswegen und trage so zu mehr Emissionen bei. Prinzing hält diese Sichtweise für naiv. "Eine Abschaffung der Entfernungspauschale würde Pendler über Gebühr belasten und für manche sogar die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit insgesamt unwirtschaftlich machen." Eine von den Klimaschützern befürwortete streckenabhängige Pkw-Maut benachteilige in erster Linie Pendler und gewerbliche Fahrzeugnutzer.

Die jetzige Dienstwagensteuer ist auch in der Politik umstritten

Auch in der Politik gibt es zum Thema Dienstwagenbesteuerung kontroverse Ansichten. In der SPD sieht man sich auf einer Linie mit den Agora-Vorschlägen und wertet die 0,5-Prozent-Bonusregelung nur als ersten Schritt. "Was fehlt, ist eine Malus-Komponente", sagt SPD-Mann Arno Klare. Die Grünen wollen nur vollelektrische Fahrzeuge bevorzugt sehen und sind damit im Bundestag bereits gescheitert. Geht es nach Oliver Luksic von der FDP, werden auch Hybrid-, Brennstoffzellen- und Gasantriebe gefördert. Er sieht auch keinen Grund, den Verbrennungsmotor zu verbannen. "Technologische Fortschritte wie synthetische Kraftstoffe und Verbesserungen der Motorentechnik sichern seine Zukunft, wenn die Politik ihn nicht ideologisch motiviert torpediert."

Angesichts weiter steigender CO2-Emissionen bleibt der Verkehr aber das Sorgenkind, das technische Effizienzgewinne durch größere und schwerere Neuwagen zunichtemacht. Um die in Paris 2015 zugesagten Klimaziele doch noch zu erreichen, hatten sich Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften, ADAC und Städtetag sowie Umweltverbände unter Federführung des Bundesverkehrsministeriums im vergangenen September zur "Natio­nalen Plattform Zukunft der Mobilität" zusammengeschlossen. Die liefert inzwischen heißen Diskussionsstoff.

So schlägt ein vorab veröffentlichter Entwurf des Abschlussberichts eine 25-Prozent-Quote für Elektro­autos vor. Brisanter sind aber die Forderungen nach höheren Spritsteuern und nach einem Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) zeigte sich empört. Die beiden letzteren Vorschläge sprächen "gegen jeden Menschenverstand", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Schon Mitte 2018 forderte die Präsidentin des Umweltbundesamts, Maria Krautzberger, das Dieselprivileg abzuschaffen. "Der Steuersatz für Dieselkraftstoff für Pkw sollte schrittweise auf den von Benzin erhöht werden", sagte sie gegenüber der "Wirtschaftswoche". "Parallel könnte die Kfz-Steuer für Dieselautos auf das Niveau von Benzinern gesenkt werden."

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Durch Änderungen bei Steuern und Abgaben ließe sich knapp die Hälfte der Einsparungen von Treibhausgasen erreichen; die Zielmarke liegt – verglichen mit 1990 – für 2030 bei 40 bis 42 Prozent. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geht sogar einen Schritt weiter: Sie spricht sich für Steuern im Verkehrssektor aus, die sich am Klimaschutz orientieren, und plädiert gleichzeitig für eine gerechte Umverteilung, um Mehrbelastungen zu kompensieren. Und um solche Proteste wie die der Gelbwesten in Frankreich zu vermeiden.

Dienstwagensteuer im Ausland

Mit der pauschalen 0,5- beziehungsweise Ein-Prozent-Regelung geht Deutschland innerhalb der EU einen eigenen Weg. Andere Länder sind ökologischer orientiert.

NIEDERLANDE

Die Versteuerung des geldwerten Vorteils basiert auf den CO2-Emissionen eines Neufahrzeugs. Der zu versteuernde Betrag ist ein Prozentsatz des sogenannten Steuerwerts eines Neufahrzeugs inklusive Mehrwertsteuer und Zulassungssteuer. Bei Autos, die mehr als 0 g CO2/km ausstoßen, sowie bei E-Autos über 50.000 Euro Listenpreis werden 22 Prozent des Steuerwerts zugrunde gelegt. Bei vollelektrischen Fahrzeugen (0 g CO2) reduziert sich der Anteil auf vier Prozent des Steuerwerts. Bei bis zu 500 privaten Kilometern pro Jahr entfällt der geldwerte Vorteil.

NORWEGEN

Beim Kauf eines E-Autos entfallen die 25 Prozent Mehrwertsteuer sowie die bei Erstregistrierung fälli-ge Zulassungssteuer. Die Dienstwagensteuer hängt vom Fahrzeugpreis sowie der Kraftstoffart ab. Bis zu einem Preis von umgerechnet rund 31.700 Euro muss der Arbeitnehmer pro Jahr 30 Prozent des Listenpreises als geldwerten Vorteil geltend machen. Bei teureren Autos werden für den restlichen Betrag 20 Prozent hinzugerechnet. Bei Elektrofahrzeugen wird der Listenpreis um 40 Prozent reduziert. 30 Prozent davon werden für Versteuerung des geldwerten Vorteils angesetzt.

GROSSBRITANNIEN

29 Tarifbereiche definieren bei der CO2-basierten Dienstwagensteuer die Prozentsätze des Fahrzeuglistenpreises, die als Grundlage der Besteuerung dienen. Bei reinen E-Autos werden 13 Prozent zugrunde gelegt, bei Fahrzeugen mit höheren Emissionen steigt der Prozentsatz bis auf 37 Prozent. Dieser Höchstsatz wird in den kommenden Jahren auch auf Fahrzeuge mit niedrigeren CO2-Emissionen angewendet werden. Dieselfahrzeuge bekommen einen Malus. Seit 2018 wird bei Dieselautos wie schon bei der Zulassungssteuer unterschieden, ob der Wagen den RDE2-Standard erfüllt oder nicht. Wenn nicht, muss der Fahrer vier Prozent mehr versteuern.