Full-Service-Leasing auf dem Prüfstand Flatrate oder selbst rechnen?

Kalkulation 2021 Foto: Adobe Stock/Mrmohock

Leasing ist eine Blackbox mit vielen Risiken, draufzuzahlen. Ob Full-Service- oder Finanzleasing sinnvoller ist, hängt von mehreren Faktoren ab.

Wer ein Fahrzeug oder einen ganzen Fuhrpark least, möchte sich nicht mit den Anstrengungen der Fahrzeughaltung beschäftigen. Das fängt an mit Beschaffung und Finanzierung, geht über Wartung und Instandhaltung und endet mit Aufbereitung und Verwertung. Leasinganbieter erledigen all diese Aufgaben gern und ohne Aufsehen, lassen sich aber bei ihren Margen ungern in die Karten schauen. Seit Jahrzehnten ist dieses Full-Service-Leasing in Deutschland so dominant, dass es für viele Firmen wie alternativlos wirkt.

"Unternehmen bietet Leasing die Möglichkeit, viele mit dem Fahrzeug verbundene Funktionen auszu­lagern", erläutert Claudia Conen, Hauptgeschäfts­führerin des Bundesverbands deutscher Leasing-Unternehmen. Die Kombination verschiedener Servicemodule entlaste den Kunden von Aufgaben, die in der Regel nicht direkt mit seinem Hauptgeschäft zusammenhängen, aber auf die Funktionsfähigkeit und den Werterhalt des Fahrzeugs unmittelbaren Einfluss nehmen.

Majk Strika 2020 Foto: Ari Fleet
"Jeder kann die Kosten von Servicepaketen mit den real entstehenden Kosten vergleichen." Majk Strika, Geschäftsführer Europa, Ari Fleet

Conen: "Der Verwaltungsaufwand wird minimiert, und das Unternehmen bekommt Planungs- und ­Kostensicherheit. Zudem verschafft dies den Kunden Freiräume, um sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren." Full-Service-Leasing eigne sich besonders für mittelständische Unternehmen mit eigener Flotte, die neben der Anschaffung auch den Unterhalt der Fahrzeuge in die Hand eines externen Serviceunternehmens geben wollen.

Natürlich verdienen die Leasinggesellschaften mit der Rundumversorgung gutes Geld. Die oft üppige Marge stammt nicht allein vom günstigen Großkundenrabatt beim Hersteller. Vielmehr setzt sie sich zusammen aus Leasing-, Wartungs- und Reifenrate, Versicherung sowie vielen weiteren Einzelpreisen. Überall wird hinzuverdient. Mit zunehmender Professionalisierung und bei steigendem Kostendruck werden viele Fuhrparkbetreiber dieser Diskrepanz gewahr und hinterfragen sie.

Full-Service-Verträge werden flexibler

In den USA begann dieser Prozess schon vor 40 Jahren. Man stellte sich und den Leasingfirmen zum Beispiel die Frage, warum eine Kilometerlimitierung sein müsse. Für den Nutzer ist sie unpraktisch, denn in vielen Branchen ist die Laufleistung eben nicht so einfach prognostizierbar. "Das Kilometerlimit ist einzig und allein notwendig, damit der Leasinggeber Marge machen kann", sagt ein Insider. Und solche Margenhebel gibt es einige mehr – über ein Dutzend in der Blackbox namens Full-Service-Leasing.

Da wird zum Beispiel eine Servicepauschale von 50 Euro im Monat vereinbart, obwohl ein Neuwagen in den ersten zwölf Monaten seines Daseins überhaupt keinen Service benötigt. Es wird eine pauschale Versicherungssumme abgezogen, völlig unabhängig von der SF-Klasse des Fahrers oder anderen ­Faktoren, die heutzutage bei der Haftpflicht üblich sind. Noch krasser ist die Wertermittlung bei der Rückgabe: Der Leasingnehmer hat einen Schadenkatalog, nach dem Minderwerte abgerechnet werden. Die Partnerwerkstätten, die den Schaden schlussendlich beheben, kassieren nur eine Flatrate. Der Rest ist Marge.

In den USA hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Kostenkontrolle den Komfort aufwiegen kann. Full-Service-Leasing mit Kilometerlimitierung ist eine Randerscheinung, 98 Prozent der Verträge beinhalten flexible Servicebestimmungen. Und auch hierzulande werden die Leasinggeber flexibler. Servicebausteine lassen sich fast immer einzeln buchen, sodass Fuhrparks sich nach eigenem Gusto um eine Gruppenversicherung oder die Wartung kümmern können.

Auf die Spitze treibt die Flexibilität Ari Fleet. "Früher haben die meisten Unternehmen ihre gesamte Flotte kaskoversichert. Inzwischen erkennen mehr und mehr das Konzept der Entbündelung: Sie zahlen keine Prämie plus Risikoaufschlag plus Marge an eine Versicherung, sondern legen die Nettoprämie in ihren eigenen Topf und sparen sich somit auch noch die Versicherungssteue", sagt Majk Strika, Geschäftsführer Europa bei Ari. Sein Team betreut 90.000 Fahrzeuge auf dem Markt.

2003 hätten 90 Prozent aller Serviceleasingverträge mit deutschen Großkunden auch die Reifen beinhaltet. "Da benötige ich keinen Universitätsabschluss, um zu erkennen: In den letzten sieben Jahren haben meine Dienstwagen durchschnittlich im Jahr für 700 Euro Reifenkosten verursacht. Warum bezahle ich 830 Euro an eine Leasinggesellschaft?" Seitdem sei das Full-­Service-Reifenpaket vom Markt quasi abgetötet worden. Strika: "Ein Komfortprodukt für Menschen, die nicht rechnen wollen."

Und derlei gibt es noch viele, die Wartungskosten zum Beispiel. Es gibt Wartungspläne von Herstellern und Arbeitssätze von Werkstätten, die eine vollkommen transparente Berechnung der Kosten erlauben. Doch Leasinggeber zwingen in der Regel zu Werkstätten ihrer Wahl – auch wenn Ölwechsel bei Pitstop oder ATU um Klassen günstiger sind. Nicht anders bei vorzeitiger Beendigung des Vertrags oder Überkilo­metern. Beim Open-End-Leasing legt der Dienstleister ein Augenmerk auf den Restwert und vereinbart mit dem Leasingnehmer notfalls, das Auto noch ein paar Monate zu fahren, wenn der Preis gerade nicht günstig ist.

Natürlich lässt sich diese Skalierung nicht bei kleinen Unternehmen nutzen. Erst ab etwa 50 Fahrzeugen, meint Strika, ergebe die Berechnung Sinn. Auch bei stark genutzten Fahrzeugen, Servicefahrzeugen und Motivationsfahrzeugen ist Full-Service-Leasing vertretbar. Strika: "Das ist wie beim Pauschalurlaub: Wenn ich mir einmal im Jahr was gönnen will, kann ich ohne Preisvergleich buchen."

Doch wenn man das Fahrzeug als Arbeitsmittel nutzt und eine größere Flotte bestückt, lohnt sich das Nachrechnen auf jeden Fall. Die Zeit arbeite für derartige Modelle, weil Daten verfügbar seien und Preise immer transparenter würden, glaubt Strika. »Ich muss nicht mehr auf das Orakel warten, das mir einen Restwert weissagt. Ich kann mir heute die Daten kaufen, weiß, welches Modell wie oft in die Werkstatt muss und wie hoch die Restwerte nach x Jahren sind«, sagt er. Was springt für den Kunden heraus? Bis zu 20 Prozent, schätzt der Manager. Ohne Fleiß kein Preis.