Gebrauchte Elektroautos Von wegen teurer Elektroschrott

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Der Gebrauchtmarkt für Elektroautos nimmt Fahrt auf. Auf Leasingangebote und Restwerte hat das ebenso Einfluss wie auf die Preise von Neuwagen.

Erst die Henne, dann das Ei. 2018 erreichten reine Elektroautos erstmals einen Anteil von einem Prozent bei den Neuzulassungen. Der Bestand kletterte über die 80.000er-Marke, und mit dem Aufschwung wächst folgerichtig auch der Gebrauchtmarkt. Beobachten lässt sich das sehr gut an Deutschlands meistgekauftem Elektroauto, dem Renault Zoe. Für Statistiker bietet er den großen Vorteil, auf beiden Verkaufsflächen eines Händlers zu stehen: nicht nur bei den Neuwagen, sondern auch bei den Gebrauchten. So führte das Renault-Gebrauchtwagenportal Ende März mehr als 370 Renault Zoe auf. Der Stromer befüllt auch die Listen der bekanntesten Internetportale. Bei Heycar standen zum genannten Zeitpunkt gut 400 gebrauchte Renault Zoe zum Verkauf, bei Mobile etwa 890 und bei Autoscout mehr als 680.

Bei BCA gibt's die meisten E-Autos

Auch im B2B-Geschäft, dem Handel zwischen Gewerbetreibenden, wächst das Zweitmarktvolumen der Stromer. Elektroautos sind mittlerweile in den Flotten angekommen, werden von Unternehmen geleast und gelangen nach Vertragsablauf in die Wiedervermarktung. Den größten Marktplatz für den gewerblichen Handel mit gebrauchten Autos betreibt das ursprünglich britische Unternehmen BCA. Der Anbieter von B2B-Auktionen war hierzulande 1997 gestartet und ist heute Marktführer. Als solcher, so eine alte Kaufmannsregel, setzt man Trends. Die Branche registrierte daher interessiert, dass BCA Anfang des Jahres erstmals eine Auktion mit einigen Renault Zoe aus dem Jahr 2015 startete. Die Autos waren durchweg ausgestattet mit einer Kaufbatterie.

Für BCA-Marketingleiter Maximilian Ebert ist genau das ein wichtiges Kriterium. "Autos mit Kaufbatterie werden im B2B-Bereich derzeit deutlich stärker nachgefragt. Um das Interesse und die langsam steigende Nachfrage zu bedienen, haben wir begonnen, dieses Fahrzeugsegment verstärkt anzubieten." Für Ebert sind Elektroautos und deren Zweitmarkt ein wichtiges Thema in der künftigen Vermarktungsstrategie. Nach der ersten nationalen Auktion will BCA künftig auch über seine internationale Plattform Elektroautoauktionen anbieten. Und zwar monatlich, denn laut Unternehmensangaben lief der Erstversuch erfolgreich ab.

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Einlieferer der März-Auktion war das Münchner Leasing- und Fuhrparkmanagementunternehmen Alphabet. Der Dienstleister bietet Elektromobilitätslösungen an, die über die reine Fahrzeugwahl hinaus­gehen. Umsetzung und Nutzung geeigneter Lade­infrastrukturen gehören ebenso ins Portfolio wie das Ermöglichen der Inanspruchnahme unterschied­licher Förderprogramme. Vertriebs- und Marketingleiterin Susan Käppeler geht davon aus, dass ihr Unternehmen im laufenden Jahr etwa 2.500 Elektroautos und Plug-in Hybriden weitervermarkten wird. "Tendenz steigend, weil wir ein immer höheres Interesse an der Elektromobilität feststellen", so Käppeler. Kommen die Autos in die Zweitvermarktung, zeigt sich zuweilen ein anderer Status quo als bei konventionellen Fahrzeugen. "Die Leasingverträge von Elektroautos und Plug-in Hybriden weisen bei den meisten unserer Kunden aktuell geringere Laufzeiten und Fahrleistungen auf als vergleichbare Verbrenner­modelle", weiß Käppeler.

E-Autos werden werstabiler als Verbrenner

Solche Erfahrungen sind für Fuhrparkanalysten wichtige Datenbasis, denn beim Thema Leasing­rücknahme und Zweitvermarktung steht meistens eine Zahl im Vordergrund des Interesses: der Restwert. Für Maarten Baljet, Geschäftsführer von BF Analytics bei dem Prognosedienstleister Bähr & Fess, ist der Restwert ohnehin "der größte Bestandteil der Total Costs of Ownership". Die sich abzeichnende e Dynamik auf dem Elektroautomarkt werde zwangsläufig Auswirkungen auf die Restwerte haben. Noch hinke allerdings manchmal der Vergleich. "Die Stromer müssen sich eben in der Summe ihrer Eigenschaften gegen Verbrennungsmotoren behaupten", sagt ­Baljet. Nur sauber reicht nicht. Sie müssen auch praktikabel sein und vor allem wirtschaftlich. Das werden E-Autos in zunehmendem Maße. Ein Grund dafür sind die günstigeren Reparatur- und Unterhaltskosten: weniger wartungsintensive Technik, geringere Steuern. "Elektroautos haben daher sogar das Potenzial, wertstabiler zu werden als Benzin- und Dieselfahrzeuge, sofern sich die Rahmenbedingungen weiter in die eingeschlagene Richtung bewegen", konstatiert Baljet.

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Beriebskosten von Elektroautos im Vergleich zu Dieselmodellen.

Restriktionen für Benziner und Diesel, Kraftstoffverteuerung, Reichweitenverbesserung oder ein besseres und wirtschaftlicheres Batterierecycling: All dies seien zunehmend Argumente pro Elektro, die sich auch in den Restwerten niederschlügen. Baljet sieht noch einen Aspekt, der bisherige Markt­schemata verschieben könnte: das Image. "Mög­licherweise werden sich am Markt eingefahrene Imagestrukturen verändern. Manche Hersteller werden durch ihre Elektrostrategie und die entsprechenden Autos ihr Image verändern." Auch dies sei ein Faktor für die Restwertbestimmung.

Bleibt die Sache mit den Preisen. Auch sie haben großen Einfluss auf die Restwertprognosen. Im Handel justiert sich derzeit das Gefüge zwischen Angebot und Nachfrage neu. Noch sind Elektroautos ein eher seltenes Gut. Rabattschlachten wie bei den Verbrennern sind daher bisher noch unbekannt. Das ändert sich, wenn nun junge Gebrauchte das Angebot nennenswert erweitern. "Denn der Wettbewerber des Gebrauchten ist immer der Neuwagen mit Rabatt", erklärt Baljet. Und umgekehrt: Junge Gebrauchte stehen im Preiskampf mit Leasing- und Finanzierungsangeboten. Erst- und Zweitmarkt beeinflussen sich gegenseitig, beim Stromer wird das nicht anders sein als beim Verbrenner. Zumindest das verleiht der Elektromobilität ein Stück Normalität.