Einzeltest Nissan X-Trail E-Power Entspannt sparsam

Nissan X-Trail E-Power 2023 Foto: Nissan 5 Bilder

Nissan kombiniert Verbrenner und E-Motor auf ungewöhnliche Weise. Im Stadtverkehr bringt das starke Effizienzgewinne. Auf der Autobahn stößt das System an Grenzen.

Für große Autos wie den Nissan X-Trail war jahrelang der Diesel der Antrieb der Wahl. In der aktuellen Generation des Mittelklasse-SUV ist der Selbstzünder jedoch nicht mehr zu haben. Stattdessen gibt es den sogenannten E-Power-Antrieb. Die ungewöhnliche Kombination aus Elektromotor und Benziner kann in vielerlei Hinsicht überzeugen – am wenigsten allerdings auf der linken Spur der Autobahn.

Viel Platz und optionale dritte Sitzreihe

Der X-Trail ist so etwas wie der große, bullige Bruder des Qashqai. Mit 4,68 Metern Länge und wuchtiger Geländewagen-Karosserie überragt er den Kompakt-Crossover sowohl nach Zahlen als auch nach Gefühl deutlich. Wie es der raumgreifende Auftritt vermuten lässt, geht es im inneren ausgesprochen luftig zu – auch auf der Rückbank haben selbst Großgewachsene keine Platzprobleme. Der Kofferraum fasst mindestens 575 Liter und lässt sich in mehreren Stufen an den aktuellen Bedarf anpassen: Wer die Rückbank nach vorne zieht, verliert etwas Kniefreiheit, gewinnt aber Platz für Urlaubsgepäck. Werden die Fondlehnen auch noch umgeklappt und der doppelte Ladeboden herausgenommen, stehen üppige 1.396 Liter für den Möbelhausbesuch zur Verfügung. Praktische Seitenfächer und Zurrösen für ein Gepäcknetz erleichtern den Transport von Kleinkram. Wer eher Kinder als Kegel transportieren will, kann die optionale dritte Sitzreihe ordern, die aber nur Kleinen akzeptable Platzverhältnisse bietet.

Vergleichstest
Nissan Qashqai vs. Renault Austral

Es gibt noch mechanische Tasten

Eingerichtet ist der große Innenraum auf traditionelle Art wohnlich. Das Layout ist klassisch mit einem nicht zu großen Bildschirm auf dem Armaturenbrett, den darunter liegenden Bedien-Knöpfen und -Rädchen für die Klimaanlage und einer breiten Mittelkonsole, die den Automatikknauf und das Wahlrädchen für den Fahrmodus beherbergt. Weitere mechanische Tasten finden sich auf dem Multifunktionslenkrad. Alles erklärt sich fast von selbst und lässt sich auch während der Fahrt gut nutzen, ohne dass man den Blick lange vom Verkehr abwenden müsste. Der ruht generell meist auf der Straße, weil der X-Trail serienmäßig ein Head-up-Display mitbringt. Kleiner Minuspunkt: Android Auto lässt sich aktuell nur kabelgebunden mit dem Infotainmentsystem koppeln, bei Car Play geht es auch über Funk. Insgesamt überzeugen Bedienbarkeit und Ergonomie aber: Lenkrad und Gestühl lassen sich feinstufig verstellen und dürften fast allen Physiognomien die passende Umgebung bieten. Die Verarbeitung ist tadellos, die Materialauswahl der Fahrzeug- und Preisklasse mindestens angemessen.

Nissan X-Trail E-Power 2023 Foto: Nissan
Das Cockpit ist klassisch und hochwertig gestaltet.

Kräftiger Antritt und lineare Kraftentfaltung

Größte Besonderheit des X-Trail ist sein serieller Hybridantrieb, den man zwar aus anderen Nissan-Modellen kennt, der ansonsten aber ausgesprochen selten zu bekommen ist. Die Japaner nennen die Technik "E-Power" und wollen betonen damit die E-Auto-artigen Fahreigenschaften. Zwar ist in dem Crossover weiterhin ein 1,5-Liter-Turbobenziner an Bord, doch dient dieser ausschließlich der Stromerzeugung für den E-Motor, der komplett allein den Antrieb übernimmt. Auf Wunsch gibt es ihn auch in zweifacher Ausführung, wodurch der Crossover dann bei zum Allrader wird. Die Systemleistung steigt dann von 204 PS auf 213 PS.

Das Antriebs-Trio im Testwagen arbeitet auf typische E-Motor-Weise: mit kräftigem Antritt und linearer Kraftentfaltung. Beides steht dem Nissan vor allem im Stadtverkehr gut, wo sich das große SUV sehr behände und agil bewegen lässt. Solange der Akku voll ist, ist der X-Trail auch akustisch ein E-Auto. Geht der Stromvorrat zur Neige, setzt der Dreizylinderbenziner ein, der dank Noise-Cancelling-System aber meist nicht zu präsent wird.

Nissan X-Trail E-Power 2023 Foto: Nissan
Den Antrieb besorgt ausschließlich der E-Motor an Bord.

E-Power-Antrieb ist nichts für Raser

Erst bei permanent hoher Leistungsanforderung, etwa beim Fahren jenseits der Richtgeschwindigkeit, dringt ein leichtes Dröhnen in den Innenraum. Weil dann aber auch der Verbrauch sprunghaft ansteigt, bleibt man außerorts meist freiwillig im niedrigen bis mittleren Tempobereich. Dort bleibt der X-Trail locker unter der 6-Liter-Marke, in der Stadt kommt er auch mit weniger als 5 Litern aus. Beides sind durchaus gute Werte – die allerdings auch mit erheblichem technischen Aufwand (zwei Motoren) erkauft werden. Zudem kommt das System im typischen deutschen Autobahnverkehr an Grenzen: Wer auf der linken Spur Tempo machen will, treibt die Verbrauchsanzeige auch mal in Richtung zweistelliger Bereich. Für Eilige ist der E-Power-Antrieb also nichts.

Wer aber in der Stadt unterwegs ist und Fernstraßen mit entspanntem Tempo angehet, profitiert von geringem Verbrauch, kultiviertem Vortrieb und angenehm niedrigem Geräuschniveau. Vor allem für letzteren Einsatzzweck eignet sich das klassische Stahl-Fahrwerk ohne adaptive Dämpfer gut, dessen sanfte Federung für entspanntes Gleiten auf der Langstrecke sorgt. Im Stadtverkehr gibt sich der X-Trail hingegen etwas steifbeinig beim Überfahren von Kanaldeckel und Schlaglöchern.

Nissan X-Trail E-Power 2023 Foto: Nissan
Fünf bis sieben Personen dürfen an Bord.

Basisvariante hat nur nötigste Ausstattung

Die Preisliste für den Hybrid-Crossover startet bei 32.353 Euro (alle Preise netto), der damit um 2.521 Euro über dem reinen Benziner liegt. Ob sich die Differenz durch den wahrscheinlich niedrigeren Verbrauch herausfahren lässt, hängt stark vom eigenen Fahrstil und dem Einsatzgebiet ab. Wer viel mit hohem Tempo auf der Autobahn unterwegs ist, dürfte wohl Probleme bekommen. Das gilt noch einmal stärker für das Allradmodell, das bei 38.571 Euro startet, aber auch bereits eine Ausstattungsstufe ("Acenta") höher angesiedelt ist. Ein Upgrade, das sich trotz des saftigen Aufschlags von 3.277 Euro auch bei den anderen Antriebsvarianten lohnt, da das Basisniveau "Visia" nur das Nötigste an Ausstattung bietet.

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Voll überzeugen kann der X-Trail vor allem bei Platzangebot, Bedienung und Ambiente. Ob der serielle Hybrid eine gute Wahl ist, hängt stark vom Einzelfall ab. Denn die flotten Fahrleistungen und der lebhafte Antritt sind nicht ganz billig, und den potenziellen Verbrauchsvorteil hebt auf deutschen Schnellstraßen sicher nicht jeder Fahrer.

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Nissan X-Trail 1.5 VC-T E-4orce – Technische Daten

Fünftüriger, fünf- oder siebensitziger Crossover der Mittelklasse
Länge: 4,68 Meter
Breite 1.84 Meter (mit Außenspiegeln: 2,07 Meter)
Höhe: 1,72 Meter
Radstand 2,71 Meter
Kofferraumvolumen: 575 – 1.396 Liter

1,5-Liter-Dreizylinder-Turbobenziner als Generator für die beiden E-Motoren
158 PS
max. Drehmoment 250 Nm
Elektromotoren: Vorderachse: 204 PS, 300 Nm
Elektromotor Hinterachse: 136 PS, 195 Nm
Systemleistung 214 PS
Allradantrieb
Ein-Gang-Automatik
Vmax: 180 km/h
0 -100 km/h: 7,0 s
Verbrauch (WLPT): 6,7 – 6,3 Liter/100 km
Abgasnorm: Euro 6d-ISC-FCM
CO2-Emissionen: 141 - 145 g/km
Testverbrauch: 6,2 Liter/100 km
Preis: ab 38.571 Euro.

Kurzcharakteristik

Warum: kraftvoller Antritt, ansprechende Fahrleistungen
Warum nicht: hoher Verbrauch auf der Autobahn
Was sonst: Toyota RAV4, Honda CR-V, Mazda CX-60

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