Schließen

Panne Elektroauto Wer hilft, wenn der Strom ausgeht?

Foto: Ingo Bartussek

Batterie leer? Kein Drama. Pannenhilfe und Mobilitätsservices der Autohersteller kümmern sich um gestrandete Elektroautos.

Eine einsame nächtliche Landstraße, fünf Kilometer Restreichweite und keine Ladestation in Sicht: Für jeden Fahrer eines E-Autos wäre das der Horror. Falls es doch einmal dazu kommt, dass man mit dem Firmenwagen wegen eines leeren Akkus liegen bleibt, helfen die Pannendienste von ADAC oder Herstellern einem aus der Patsche. Nicht anders als Lenkern herkömmlicher Fahrzeuge auch.

Nur: In der Praxis kommt das äußerst selten vor. Der ADAC hatte 2019 knapp 3,8 Millionen Einsätze. Nur bei 3.100 davon wurden die Pannenhelfer zu einem gestrandeten E-Auto gerufen, immerhin 65 Prozent mehr als im Vorjahr. Trotzdem habe der Autoclub alle 1.700 Straßenwachtfahrer zu elektrotechnisch unterwiesenen Personen weitergebildet, sagt Thomas Reynartz, Leiter der Pannenhilfe. "Das bedeutet, dass diese auch bei Elektrofahrzeugen die Motorhaube öffnen und nachschauen dürfen, wo das Problem liegen könnte."Allerdings hätten viele Pannen von Elektroautos gar nichts mit dem Antriebsakku zu tun. Die Helfer werden eher wegen Reifenschäden gerufen oder weil sich die Fahrer ausgesperrt haben.

Zwei Jahre lang waren in Hamburg und Duisburg Ioniq Elektro als mobile Ladehelfer unterwegs, um leergelaufene E-Autos von Hyundai wieder mit Strom zu versorgen– rollende Reservekanister sozusagen. Im April wurde das Kooperationsprojekt von ADAC und Hyundai mangels Bedarfs eingestellt. Ein Netz von mobilen Ladeeinheiten sei kostenintensiv. Abzuschleppen sei wesentlich günstiger. Und da in Städten immer mehr Ladepunkte entstehen, sinke die Gefahr für E-Mobilisten, liegen zu bleiben.

BMW habe seine sogenannte Recharger-Flotte schon 2018 nach vierjähriger Laufzeit wieder abgeschafft, berichtet BMW-Sprecher Wieland Brúch: "Die damals auf Anhängern oder im Kofferraum transportierten Ladegeräte stehen unbenutzt bei uns in München. Die Vorstellung, wir müssten viele Autos flottmachen, erwies sich als falsch, weil die Informationssysteme der Fahrzeuge solche Situationen vermeiden helfen. Im Grunde freuen wir uns daher über die damalige Fehleinschätzung."

Die Hersteller arbeiten dem Problem von zwei Seiten entgegen: mit immer besseren Bordrechnern und mit ihren Mobilitätsdiensten. Die sorgen auch dafür, dass nicht allzu viele Fahrzeuge der eigenen Marke in der ADAC-Pannenstatistik auftauchen. Und falls ein Kunde doch liegen bleibt, wird das Auto flottgemacht, abgeschleppt – oder den Passagieren die Weiterreise mit Bahn oder Ersatzfahrzeug ermöglicht.

Tatsächlich ist das Risiko, mit leerem Akku zu stranden, fast gleich null. Mercedes, Tesla, Audi – viele Autos erkennen freie Ladepunkte und berücksichtigen bei der Routenplanung Ladestopps. Der Audi e-Tron etwa nutzt dafür Echtzeitdaten von Wetter, Topografie, Verkehr und Ladesäulenstatus. Des Weiteren berechnet der Algorithmus, wie lange der Kunde laden muss, damit das Fahrzeug im optimalen Ladefenster bleibt. Und schlägt auch mal zwei kurze Ladestopps an Schnellladestationen vor statt einen längeren Halt an einem AC-Ladepunkt.

Ähnliches ist auch von VW zu hören: Wer die Hinweise beachte, könne im Normalfall mit dem Elek­troauto praktisch nicht mehr liegen bleiben. Zumal das Auto rechtzeitig in den stromsparenden Eco-Modus schaltet. Und im Notfall können auch VW-Fahrer auf die Mobilitätsgarantie zurückgreifen und europaweit den Pannendienst der Marke anrufen.

Wenn es nach der Politik geht, wird sich das Netz an Stromquellen für E-Autos demnächst sowieso vervielfachen und das Liegenbleiben wegen einer leeren Batterie damit noch unwahrscheinlicher: Binnen zehn Jahren soll im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 eine Million öffentlich zugängliche Ladepunkte zur Verfügung stehen. Ein Hinweis darauf, was Fahrern von Elektroautos häufiger in die Quere kommen dürfte als eine leere Batterie, gibt möglicherweise die Bandansage bei Anruf der deutschen Zentrale von Tesla in München: "Sollten Sie sich in einer Notfall- oder Pannensituation mit Ihrem Fahrzeug befinden, einschließlich plattem Reifen, oder falls Sie sich aus dem Auto ausgeschlossen haben, drücken Sie bitte die Zwei."