Nissan Ariya Test E wie Erfahrung

Nissan Ariya 2022 Foto: Nissan 8 Bilder

Mit dem Ariya bringt Nissan nun wieder ein modernes E-Fahrzeug – aber kann es gegen die inzwischen starke Konkurrenz bestehen?

In seiner Geschichte hat Nissan bei neuen Technologen eher selten die Standards gesetzt. Die Marke stand lange Zeit für Solidität, gute Verarbeitung und zurückhaltendes Design. Bei der Elektromobilität waren die Japaner aber von Beginn an vorn dabei und offerierten mit dem heute in zweiter Generation immer noch angebotenen Leaf schon 2010 das erste einigermaßen erschwingliche E-Autos für den Volumenmarkt. Allerdings ging der elektrische Schwung verloren, lange Zeit kam im Pkw-Bereich nicht viel nach. Seit einem knappen Jahr hat Nissan nun den größeren Ariya im Angebot und es stellt sich die Frage: Kann das Modell von der langjährigen Erfahrung der Marke in Sachen E-Mobilität profitieren?

Starke Konkurrenz: Hyundai Ioniq 5 oder Ford Mustang Mach-E

Der Ariya tritt an in der gut gefüllten elektrischen SUV-Mittelklasse, gegen Konkurrenten wie den Hyundai Ioniq 5 oder auch den Ford Mustang Mach-E. Mit 4,60 Meter hat er ein für dieses Segment klassisches Längenmaß und bietet durch den Bauraumvorteil eines Elektromotors gegenüber einem Verbrenner sehr viel Platz, was sich vor allem auf den hinteren Sitzen bemerkbar macht. Großzügig geht es auch vorne zu und der Kofferraum fasst 468 Liter – das ist viel, Wettbewerbsmodelle packen aber mehr.

Fahrbericht Ford Mustang Mach-e GT
Power-Schwergewicht

Nissan Ariya mit einem oder zwei Elektromotoren

Wie üblich in dieser Klasse gibt es auch den Ariya mit einem oder zwei Elektromotoren, was dann einen Allradantrieb ergibt. Wer nicht unbedingt über 300 PS benötigt, um glücklich zu werden, und wer nicht in schnee- und eisreichen Gefilden lebt, kommt mit der frontgetriebenen Version bestens zurecht, auch wenn es bei Nässe schon mal kurzzeitig zu leichten Traktionsproblemen kommen kann.

Nissan Ariya 2022 Foto: Nissan
Insgesamt wirkt das Fahrzeug ein wenig hochbeiniger, als es tatsächlich ist.

Bis zu 536 Kilometer Reichweite

Wir entschieden uns folgerichtig für diese Motorisierung. Allerdings – und das ist beileibe nicht üblich – bietet Nissan auch diese Version schon mit zwei Batterien an, mit 63 oder mit 87 kWh nutzbarem Energieinhalt. Wir raten, wenn es nicht auf den letzten Euro ankommt, unbedingt zum größeren Akku. Der Unterschied ist nicht nur in der Theorie, 404 vs. 536 Kilometer Reichweite, sondern vor allem in der Praxis beträchtlich. Bei vollem "Tank" sind über 400 Kilometer Realreichweite locker drin, ohne dass man sich auf der Autobahn allzu sehr bescheiden muss. Das beruhigt einerseits und steigert zudem den Fahrspaß. Die große Batterie täuscht allerdings darüber hinweg, dass der Durchschnittsverbrauch mit rund 22 kWh (ohne Ladeverluste) zu hoch lag, obwohl eine Wärmepumpe serienmäßig an Bord ist und den Heiz-Verbrauch verringert.

Nissan Ariya 2022 Foto: Nissan
Als sehr gelungen darf man auch den Innenraum bezeichnen. Nicht nur scheint die Material- und Verarbeitungsqualität hoch zu sein, auch die Bedienung gibt größtenteils keine Rätsel auf.

Am Schnelllader gehen nur 130 kW

Ein weiterer Nachteil tritt zutage, wenn man es mal eilig hat. Zwar lädt der Ariya AC mit bis zu 22 kW, was in Ordnung ist, am Schnelllader sind es aber vergleichsweise dürftige 130 kW, und selbst die haben wir im Test nicht erreicht.

Das Fahrwerk wirkt komfortabler als bei vielen, bügelt Bodenwellen und Löcher im Asphalt aus. Als sehr gelungen darf man auch den Innenraum bezeichnen. Die Material- und Verarbeitungsqualität ist hoch und die Bedienung gibt größtenteils keine Rätsel auf. Zudem finden wir Direktzugriffe auf wichtige Funktionen wie etwa die Klimatisierung und – Achtung Volkswagen! – sogar eine innovative Lösung zur Regulierung der Lautstärke: einen einfachen Drehregler.

Nissan Ariya 2022 Foto: Nissan
Nd natürlich fällt die Dachsäule nach hinten "coupéartig" ab, eigentlich wäre beim heutigen Design-Mainstream eher das Gegenteil einer Erwähnung wert gewesen.

Der Ariya ist kein Schnäppchen

Die Erfahrung der Marke mit Elektroautos sind dem Ariya in vielen Bereichen anzumerken. Doch das hat seinen Preis: So schlägt unter anderem die große Batterie auf den Preis durch. Fast 50.500 Euro (alle Preise netto) werden insgesamt fällig, immerhin ist die Ausstattung dann schon okay und beinhaltet Dinge wie Navigation, das 12,3-Zoll-Farbdisplay, Kunstledersitze, Klimaautomatik und Sitzheizung vorne. Immer inkludiert ist auch das sogenannte Advance-Pack mit induktivem Smartphone-Ladegerät, elektrischer Heckklappe, 360-Grad-Umgebungsüberwachung und Pro-Pilot, unter anderem für autonomes Fahren im Stau.

Nissan Ariya 2WD – Technische Daten

Fünftüriger, fünfsitziger Crossover der Mittelklasse
Länge: 4,60 Meter
Breite: 1,85 Meter (mit Außenspiegeln 2,17 Meter)
Höhe: 1,66 Meter
Radstand 2,78 Meter
Kofferraumvolumen: 468 Liter
Elektromotor
242 PS
maximales Drehmoment: 300 Nm
Lithium-Ionen-Batterie (87 kWh)
Reichweite nach WLTP: 536 km
Ladekapazität: AC bis 22 kW
DC bis 130 kW
Eingang-Automatik
Vmax: 160 km/h
0 - 100 km/h: 7,6 s
Verbrauch: 18,1 – 18,4 kWh/100 Kilometer
Testverbrauch: 22 kWh/100 Kilometer
CO2-Emission: 0 g/km
Effizienzklasse: A+++
Abgasnorm: Euro 6d
Preis: ab 49.580 Euro

Vergleichstest Hyundai Ioniq 5 und Kia EV6
Die Turbo-Lader

Nissan Ariya 2WD – Kurzcharakteristik

Warum: großer Akku, viel Platz im Innen, clevere Detaillösungen, gute Verarbeitung
Warum nicht: hoher Preis, hoher Realverbrauch, relativ langsame Schnellladung
Was sonst: Hyundai Ioniq 5, KIA EV6, Skoda Enyaq iV, Ford Mustang Mach-E, Genesis GV60

Skoda Enyaq iV Coupé
Schnittige Alternative

Trotzdem, der Preis ist heftig und bleibt neben den nicht zufriedenstellenden Schnellladefähigkeiten und dem zu hohen Realverbrauch das größte Manko beim neuen Ariya, der ansonsten – von persönlichen Designgeschmäckern mal abgesehen – ein rundum gelungenes Beispiel für ein modernes E-Auto ist.

Genesis GV60 Test 2022
So fährt das Korea-E-Auto