Umweltprämie für E-Autos Die Eltern des Misslingens

Foto: Mazda

Lange Lieferzeiten, Chaos bei den Ladetarifen, unzählige Regelungen und Vorschriften: Dass die E-Mobilität stärker gefördert wird, bringt Flottenbetreibern wenig.

Der britische Politiker George Canning (1770–1827) identifizierte in einer damals viel beachteten Rede ein Elternpaar, das er für gescheiterte Themen verantwortlich machte: Unschlüssigkeit und Verzögerung. Sie würden der Sache, in welcher sie angewendet werden, jede Möglichkeit des Verderbens bringen und dem Gegner jeden Vorteil und jede Er­mutigung bieten. Kommt uns das bekannt vor?

Onkel und Tante des Misslingens sind dann wohl der fehlende Eigenantrieb, gepaart mit geringer ­Motivation, und der Eigensinn. Die Sehnsucht nach Innovation und Weiterentwicklung kann man mit ­Fördergeldern offensichtlich nicht kaufen. An ­Investitionsmöglichkeiten hat es in Deutschland wohl nicht gemangelt, aber wo sind die staatlichen Mittel ge­blieben?

Dass die Autoproduzenten bei alternativen Antrieben unschlüssig waren und zu lange auf die Cashcow Verbrenner setzten, ohne nach links und rechts zu sehen, ist deutlich geworden. Dass sie zu wenig in neue Technologien investierten, rächt sich immer mehr. »Weniger Ingenieure, mehr Verkäufer« war bisher das Motto. Wer gut im Geschäft ist, hat keinen Grund, etwas zu verändern.

Dass Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer jetzt lautstark fordert, die Autoindustrie solle mal bei der Entwicklung alternativer Antriebe in die Puschen kommen, ist allerdings nicht fair. Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht. Die besten und krea­tivsten Entwickler fliegen einem nicht zu, auch nicht, wenn der Staat finanziell nachhilft. Auch die Gründe, warum man mit der Produktion nicht hinterherkommt, liegen in der Vergangenheit bei Unschlüssigkeit und Verzögerung. Es wäre zu einfach, die Fehler in der E-Mobilität nur bei den Unternehmen der Automobilhersteller zu suchen.

Auch in der Politik sollte es einen strategischen Plan geben. Wer Erwartungen durch Kaufanreize erzeugt und erhöht, ohne dass der Motor zusammengebaut ist und obwohl noch wichtige Schrauben fehlen, darf nachher nicht jammern, dass staatlich Kaufprämien weniger Wirkung zeigen als erwartet. Lange Lieferzeiten waren abzusehen, wenn man sich Produktionsstraßen und Möglichkeiten vorher angeschaut hätte. "Sogar Schnelligkeit ist bei Sehnsucht die reins­te Verzögerung", hatte der römische Moralist Publilius Syrus um 50 v. Chr. geschrieben. Wie wahr.

Auf die Elektromobilität bezogen heißt das: Vernetztes Denken scheint bei allen Marktteilnehmern zu fehlen. Wie anders ist es zu erklären, dass die wichtigste Käufergruppe für neue Technologien – die Unternehmen – nicht wirklich einbezogen wurde, wenn über staatliche Anreize nachgedacht wird? Wie ist es zu erklären, dass es an den Ladesäulen in Deutschland derzeit knapp 300 Tarife für Autostrom gibt und eine Vielzahl von Identifizierungs- und Zahlungsmitteln benötigt wird, will man E-Fahrzeuge bundesweit einsetzen? Doch genau so nutzen gewerbliche Käufer ihre E-Autos. Nicht nur, dass die Kostenplanung unmöglich ist – die Tarife können an ein und derselben Ladesäule je nach Vertragspartner um 100 Prozent schwanken – auch die Folgekosten durch administrative Handarbeit sind unfassbar kontraproduktiv.

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Zugegeben, der Umgang mit einer neuen Technologie, die Integration in Unternehmensprozesse, die Anwendung und Adaption der vielen Richtlinien und Vorschriften sind alles andere als banal. Deswegen sollte man sich vielleicht mit Kritik an den Handelnden zurückhalten. Nicht zurückhalten möchte sich der Fuhrparkverband aber mit Impulsen, die es den Verantwortlichen in den Unternehmen einfacher machen sollen, die Themen rund um Elektromobilität zu beherrschen. Daher gibt es ab Oktober unter dem Titel »Fleetricity« einen neuen Onlinekurs des Verbandes für alle, die sich mit der Einführung und dem Management der Elektromobilität im Fuhrpark befassen sollen. Anschauen ist Pflicht, auch für Politiker, die sich mit der E-Mobilität beschäftigen.