Antriebe für die Firmenflotte Diesel hat nicht ausgedient

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Stinker, Betrüger, Unsympath: Seit dem Abgasskandal 2015 hat’s der Diesel schwer. Dabei zählt er noch längst nicht zum Alteisen. Sparsam, sauber und unschlagbar auf Langstrecken hat er in Fuhrparks auch weiter eine Zukunft.

Viele Tausend Euro Umweltprämie auf der einen, reduzierte Dienstwagensteuer auf der anderen Seite: Die Politik verwendet im Verkehrssektor derzeit alle finanzielle Kraft auf eine schnelle Einführung elektrifizierter Autos. Was bei batterieelektrischen Fahrzeugen mit Ökostromtarif noch einen wichtigen Beitrag zu weniger CO₂ und Klimaschutz leistet, stößt bei Plug-in Hybriden zu Recht auf teils drastische Kritik.

Zwar erfreuen die sich wegen ihrer Steuervorteile vor allem bei Dienstwagenfahrern großer Beliebtheit, für den Fuhrpark sind sie aber nicht unbedingt eine sinnvolle Wahl – auch nicht aus Umweltsicht. Auf Langstrecken und in großen Autos verbrauchen die Kombinierer viel Sprit.

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Bei aller Prämieneuphorie lohnt es sich, einen genaueren Blick auf einen alten Bekannten zu werfen: den Dieselmotor. Er erfreut sich als sparsamer und günstiger Antrieb in Fuhrparks nach wie vor großer Beliebtheit. Vor einem Jahr waren laut Deutscher Automobil Treuhand (DAT) 86 Prozent der Bestandsfahrzeuge mit einem Diesel ausgerüstet – und damit sogar ein wenig mehr Autos als noch 2018. Dieses Jahr ist dieser Anteil rückläufig. Das liegt zum einen an den bereits erwähnten Staatsprämien und zum anderen an der größeren Vielfalt der verfügbaren E-Autos. Doch aktuelle Zahlen zeigen auch: In klassischen Dienstwagensegmenten bleibt der Diesel wichtig. Knapp 70 Prozent aller ausgelieferten VW Passat haben nach wie vor einen Selbstzünder unter der Haube, im Februar entschieden sich laut DAT 49 Prozent der Mittelklasse-Käufer für Dieselmotoren. Privatkunden halten sich allerdings vornehm zurück.

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Wo die Vorteile von Dieselmotoren liegen, zeigt die Klasse der Maxivans mit 74 Prozent Dieselanteil an den Gesamtzulassungen. Dort spielt diese Antriebsart nämlich Vorteile aus, die auch der Abgasskandal nicht zunichtemachen konnte. "Unsere kleinen Transporter sind im Servicebetrieb im Dauereinsatz mit Anhängern bis 2,5 Tonnen. Das kann derzeit nur ein Diesel wirtschaftlich", sagen die Fuhrparkmanager Tobias Westphal und Ralf Schmidt von Transnet BW. Dieselmotoren verbrennen den Kraftstoff vor allem bei hoher Lastanforderung deutlich effizienter als Benziner. Beide Motortypen erzeugen dabei Feinstaub, den jetzt auch bei Benzinern Partikelfilter wieder aus dem Abgas sammeln. In Dieselmotoren entstehen außerdem mehr gesundheitsschädliche Stickoxide, weswegen zahlreiche Innenstädte Euro-4- und Euro-5-Modelle verbannen. Doch das ist für Flotten mit ihren durchschnittlichen vier Jahren Haltedauer kein Hinderungsgrund. Denn neue Autos rücken Stickoxiden mit SCR-Kats zu Leibe. Sie wandeln mithilfe der Harnstofflösung Adblue die Stickoxide in harmlosen Stickstoff um. Tests des Prüflabors Emission Analytics zeigten: Die Luft, die hinten aus aktuellen Modellen rauskommt, ist sogar sauberer als die dreckige Stadtluft, die vorn eingesaugt wird.

Und während bislang noch verschiedene Euro-6-Abstufungen für Verwirrung sorgten, ist damit bei Neuwagen ab Januar 2021 Schluss. Dann gilt Euro 6d ohne "Temp"-Zusatz verpflichtend. Eine Hürde, die etliche Hersteller umgehen, indem sie selten verkaufte Varianten ganz aus dem Programm nehmen (siehe Seite 36). Die gute Nachricht ist aber: Alle Firmenwagen, die Unternehmen jetzt neu für den Fuhrpark bestellen, sind mindestens so sauber wie aktuelle Benziner oder Plug-in Hybriden und können so auch nicht so schnell mit dem Argument der Luftreinhaltung aus Innenstädten ausgesperrt werden.

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Um das zu erreichen, pflanzt die Autoindustrie ausgeklügelte Chemielabore in den Abgasstrang. Bei VW sorgen zwei SCR-Kats für saubere Abgase, Land Rover ersetzt beim Defender den Vierzylinder durch einen größeren Sechszylinder, der in dem großen Auto weniger hart arbeiten muss. Diese kompletten Neukonstruktionen sind auf lange Einsatzzeiten kalkuliert. Wenn die Industrie wie beispielsweise ­Daimler im Oktober also großspurig verkündet, keine neuen Dieselmotoren mehr zu entwickeln, hat das auf das Modellangebot der nächsten fünf Jahre wenig Auswirkungen. Und auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt sieht es nicht so schlecht aus für Selbstzünder: Im August 2020 standen sie laut DAT im Schnitt nur zwei Tage länger auf dem Händlerhof als Benziner.

Das Hauptargument für den teuren Diesel bleibt aber freilich seine schon erwähnte Effizienz. Für Vielfahrer mit hoher Jahresfahrleistung und vor allem häufigen Langstrecken bleibt der Diesel daher vorerst konkurrenzlos, was Kosten und Einsatzflexibilität betrifft. Das sieht auch Markus Kühne, Leiter für Diesel­antriebe bei VW, so: "Der Diesel hat seine Langstreckentauglichkeit als Alleinstellungsmerkmal."

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Das beweisen Dieselmodelle auch regelmäßig bei uns in der Redaktion auf Verbrauchstestfahrt. In der Grafik stehen sich Benziner, Diesel und Plug-in Hybriden auf unserer vorausschauend gefahrenen Normrunde gegenüber. Selbst hier sind deutliche Vorteile bei Spritkosten und CO2-Ausstoß zu erkennen, sofern der Plug-in-Fahrer nie lädt. "Über 80 Prozent unserer Dienstwagen fahren mit Diesel. Bei vielen Fahrprofilen passen Hybriden einfach nicht, und dann ist die Entscheidung eine Frage der Gesamtkosten", sagt dazu Fuhrparkmanagerin Tanja Theis von Infineon.

Die tankkartenbefeuerte Firmenwagenfahrerrealität heißt eben oft: Bleifuß auf der linken Spur. Dieses Szenario zeigt unser Maximalverbrauch der Testwagen ganz gut: Hier genehmigt sich der Benziner immerhin anderthalb Liter mehr Sprit je 100 Kilometer als der vergleichbar motorisierte Diesel. Da rentiert sich der Mehrpreis bei vielen Modellen schnell. Mittelfristig kann der Diesel für Fuhrparks also noch eine gute Wahl sein. Zumindest so lange, wie die Bundesregierung das Dieselprivileg nicht kippt.

Das spricht aber nicht dagegen, sich auch mit alternativen Antrieben auseinanderzusetzen. Denn natürlich gibt es viele Einsatzszenarien, die inzwischen mit E-Autos problemlos funktionieren. Mit Ökostrom ist deren Umweltbilanz kaum zu schlagen – allerdings verhagelt häufiges Nachladen an Schnellladestationen die Kostenbilanz. Ein spitzer Bleistift und gute Kenntnisse der eigenen Fuhrparkbedingungen helfen hier sicherlich, für jeden Mitarbeiter eine kosten- und umweltpolitisch gute Entscheidung zu treffen.