BGH-Urteil Leasingverträge So können Sie widerrufen

Mercedes-Benz und smart Niederlassung Augsburg: Neues Mercedes-Benz und smart Autohaus an der Haunstetter Straße feierlich eröffnet

null Foto: Mercedes-Benz Vertrieb Deutschla

Laut BGH sind viele Leasing- oder Finanzierungsverträge ungültig und können widerrufen werden. Das Urteil weckt auch bei Flottenbetreibern hohe Erwartungen, die am Ende oft enttäuscht werden.

Anwaltskanzleien werben damit, einen Leasingvertrag auch nach langer Zeit noch widerrufen zu können, um so bezahlte Raten zurückzuholen. In den folgenden Prozessen geht es dann darum, wie in Darlehensverträgen die Pflichtangaben zum Widerrufsrecht aussehen sollen, sowie um die Folgen, wenn ein Widerruf erfolgreich ist – also darum, wie viel Geld dem Leasingunternehmen auch dann noch für die schon erfolgte Nutzung des Fahrzeugs zusteht.

In vielen Verträgen steht der sogenannte Kaskadenverweis "nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hat". Verschiedene Landesgerichte vertraten die Auffassung, dass er für einen Durchschnittsverbraucher nicht nachvollziehbar ist – also nicht regelt, bis wann ein Vertrag widerrufen werden kann. Der BGH wiederum stufte den Hinweis als klar und verständlich ein, auch weil eine gesetzlich vorgegebene Musterinformation zum Thema den Hinweis so enthielt.

Lesen Sie auch Leasingrücknahme 2021 Leasing-Rückgabe vorbereiten Nachzahlungen vermeiden

Ein Urteil des BGH vom 27. Oktober 2020 änderte diese Situation erheblich. Nun stufte der oberste Gerichtshof den Kaskadenverweis ebenfalls als unzureichend ein – und nahm dabei Bezug auf ein Urteil des EuGH vom 26. März 2020. Die europäische Ebene übernahm dann zum 9. September 2021 mit einer eigenen Entscheidung wieder das Zepter und definierte, wie formuliert werden muss, um dem geltenden Recht zu entsprechen.

Art des Vertrages: Bei verbundenen Kreditverträgen sind Kauf- und Kreditvertrag als wirtschaftliche Einheit zu betrachten. Der Vertrag muss die Art des Kredits, die Laufzeit sowie den Barzahlungspreis enthalten. Die Angaben müssen so klar und prägnant benannt sein, dass der Verbraucher seine Rechte und Pflichten eindeutig erkennen kann.

Zinsen und Vorfälligkeitsentschädigung: Der Satz der Verzugszinsen ist in Prozent anzugeben, und der Mechanismus ihrer Anpassung ist konkret zu beschreiben, sodass der Verbraucher es verstehen kann. Das ist besonders bei variablen Zinssätzen von Bedeutung und muss Vertragsbestandteil sein. Entscheidend ist, dass die Informationen vor Abschluss des Vertrages bekannt sind, sodass alle Rechte und Pflichten klar erkennbar sind. Eine Verweisung auf Vorschriften des nationalen Rechts genügt nicht. Für den Fall der vorzeitigen Vertragsauflösung ist die Berechnung von Zinsen und Entschädigung derart klar, prägnant und nachvollziehbar zu erläutern, dass ein Verbraucher deren Höhe selber ermitteln kann. Ein bloßer Verweis auf "vorgeschriebene finanzmathematische Rahmenbedingungen" ist unzureichend. Bei Kreditverträgen mit befristeter Laufzeit ist es nicht erforderlich, Angaben über das Recht der Kündigung zu machen.

Widerrufsbelehrung: Klar und prägnant müssen nicht nur die Rechtsfolgen eines erfolgreichen Widerrufs aufgeführt sein, sondern auch dessen Voraussetzungen. Ein bloßer Verweis auf außerhalb des Vertrags liegende Vorschriften reicht nicht aus. Sollte die Widerrufsbelehrung nicht oder nicht ordnungsgemäß erteilt worden sein, wird die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt, und der Verbraucher kann sein Widerrufsrecht zeitlich unbegrenzt ausüben. Dies gilt selbst dann, wenn der Verbraucher um sein Widerrufsrecht wusste, die zwingenden Angaben aber im Vertrag fehlten.

Wertersatz für das finanzierte und genutzte Fahrzeug

Wer jetzt meint, er könne mit dem Widerruf erreichen, dass er sein Auto kostenlos genutzt hat, der täuscht sich. Denn selbst wenn ein Widerruf erfolgreich ist, muss ein Kunde den Wertverlust des finanzierten Fahrzeugs ersetzen. Wie hoch dieser ausfällt, hängt vom aktuellen Verkehrswert des Autos zum Zeitpunkt der Rückgabe ab. Wer nicht besonders sorgsam mit seinem Fahrzeug umgegangen und viel gefahren ist, sollte sich deshalb gut überlegen, ob er sich mit dem Widerruf nicht einen Bärendienst erweist.

Lesen Sie auch Autohaus, Autoverkauf, Autokauf Häufige Fehler beim Leasing 7 Punkte, die es zu beachten gilt

Auch beim Thema Rechtsmissbrauch vertritt der EuGH eine klare Linie: Wer den Verbraucher nicht umfassend und vollständig über seine Rechte, insbesondere das Widerrufsrecht, informiert und die ihm obliegenden Pflichten nicht erfüllt, kann sich nicht darauf berufen, der Verbraucher würde rechtsmissbräuchlich handeln, wenn er den Vertrag später widerruft. Ob der Verbraucher das Widerrufsrecht kannte oder nicht, ist dabei unwichtig.

Neues Kaufrecht ab 2022

Auch in anderen Bereichen wird die vorvertragliche Information immer wichtiger. Das verdeutlicht nicht zuletzt das neue Kaufrecht. Dieses wird zum Jahr 2022 in Kraft treten und bringt den Wegfall des »gekauft wie besehen« mit sich. Aufgrund des neuen § 476 Abs. 1 BGB müssen potenzielle Käufer bereits im Vorfeld der Vertragsverhandlungen ausdrücklich und in genügendem zeitlichem Abstand zum Vertragsschluss auf vorhandene »Abweichungen vom Normalzustand« hingewiesen werden. Wenn ein Käufer dann nicht nachweislich vorab über – selbst unübersehbare – Schäden wie zum Beispiel tiefe Beulen oder auffällige Kratzer gesondert informiert worden ist, kann er diese später noch geltend machen.